Mercedes-Benz G-Klasse (W 460)

 „G“ wie Geländewagen – so wenig originell wie die Typenbezeichnung für den seit 1979 produzierten Offroader ist auch dessen stets nur facegeliftetes Äußeres. Es gibt fast nur glatte Flächen und definierte Kanten. Und genau diese Konstanz, verbunden mit extremer Robustheit und wirklich voller Geländetauglichkeit sicher der Mercedes G-Klasse auch heute noch ihren hohen Beliebtheitsgrad. Die Bandbreite der angebotenen Fahrzeuge reicht allerdings von Top bis Hopp …

Seit nunmehr über 35 Jahren, genau genommen seit 1979, ist die Mercedes G-Klasse ein Fels in der seither stetig stärker aufwallenden Brandung der Geländewagen, oder sollte man eher eine Trutzburg sagen? Auf eine Schönheitskonkurrenz hatte der „G“ es jedenfalls nie angelegt. Was seine universellen Einsatzmöglichkeiten betrifft, liegt er genetisch wesentlich dichter am Unimog als an SUVs, auch solchen, die Mercedes im Laufe der Jahre hinterherschickte (M-Klasse, GL-Klasse). Deshalb wurde die G-Klasse auch nie aus dem Programm genommen. Unser Fotomodell aus dem Baujahr 1989 ist noch einer der „Urtypen“ mit dem alten, recht spartanischen Interieur. Wer dies mit einem äußerlich ja praktisch immer noch kaum veränderten aktuellen G vergleicht, wird kaum glauben, dass es sich um dieselbe Baureihe handelt. Der aktuelle umschmeichelt einen mit luxuriösen Materialien und einem Armaturenbrett, das man ebenso gut in der E-Klasse vermuten würde. Bei der ersten Baureihe fallen neben wenigen baugleichen Bedienelementen aus der Baureihe W 124 vor allem Designanleihen aus der Nutzfahrzeugabteilung, namentlich der Transportergeneration T1, dem Vorläufer des Sprinter, ins Auge.

Beim G-Modell kann man auch vorne etwas an den Haken nehmen

Im Spritzbereich der Vorderräder droht Korrosion…

… das gilt auch für die Kotflügel-Anschraubkanten an den Motor-Stehwänden

Als Urmodell hat die bis 1991 gefertigte Baureihe mit dem werksinternen Code W 460 natürlich im Klassikermagazin Träume Wagen auch die höchste Daseinsberechtigung. Was die später noch beschriebenen Checkpunkte der Karosserie betrifft, so kann dies im Prinzip auch noch für die heutigen Modelle gelten – technisch hat sich ab 1990 allerdings unterm Blech so viel getan, dass beim Nachfolger W 463 schon andere Maßstäbe angelegt werden müssten. So unterscheidet sich diese zweite Generation unter anderem durch einen permanenten Allradantrieb und eine allgemein gehobene Ausstattung. Parallel zum W 463 gab es auch noch eine abgespeckte Variante W 461 – wie gehabt mit zuschaltbarem Allradantrieb und „kargem“ Interieur, die für Behörden Kommunen und auch fürs Militär vorgesehen war. In einigen Alpenländern wie Österreich, Schweiz, Liechtenstein, Slowenien und weiteren östlichen Anrainerstaaten wurde die G-Klasse in identischer Bauweise als Puch G verkauft. Bereits seit einer Kooperationsvereinbarung aus dem Jahr 1972 fanden ein Teil der G-Entwicklung und die Fertigung bei Steyr-Daimler-Puch (jetzt Magna Steyr) statt, und das ist auch heute noch der Fall.

Rost befällt manchmal den Rahmen der Windschutzscheibe …

Zurück zum Objekt unserer Kaufberatung, dem 230 GE, der beim Autohändler el Zein (Automobile für alle) in Seevetal/Hittfeld südlich von Hamburg zum Verkauf angeboten wird – allerdings nicht wirklich dringend. Firmeninhaber Said el Zein würde das G-Modell mit erst lediglich 85.000 Kilometern durchaus auch für sich selbst behalten wollen. Abgesehen von ärgerlichem Rostbefall am schmalen Heckblech unter der Hecktür präsentiert sich der Wagen in einem wirklich überdurchschnittlich guten Erhaltungszustand. Das ist bei einem G-Modell durchaus erwähnenswert, denn ein Großteil der weit über 230.000 gebauten Exemplare wurde nicht im urbanen Asphaltdschungel bewegt, sondern im Arbeitsleben hart rangenommen und musste sich unter den Händen von mit Gummistiefeln bekleideten Jägern, Förstern oder Kommunalarbeitern bewähren Meist haben sie diese intensive Zeit entsprechend übel mitgenommen überstanden (oder auch nicht …). Allgemein galten Benziner ja nicht als bevorzugte Antriebsquelle für Geländewagen, einerseits wegen ihres notorisch höheren Spritdursts, andererseits wegen ihres meist nur geringen Drehmoments. Das gilt grundsätzlich auch für die G-Klasse, wobei man dazu feststellen muss, dass die 125 PS des Einspritzmotors und eine entsprechend kurze Gesamtübersetzung des Vierstufen-Automatikgetriebes in unserem Referenzfahrzeug doch genügend „Dampf“ und einen herrlich ruhigen Motorlauf gewährleisten. Bei 145 km/h ist definitiv Schluss, und Tempo 100 werden erst nach 17,1 Sekunden erreicht. Die teureren Motoren im G, so auch die Sechs- und später auch Achtzylinder-Benziner (ab Baureihe W463) stellen den Viertöpfer vom Laufkomfort her natürlich in den Schatten – und die im Jahr 1993 erschienene limitierte Auflage eines 500 GE markierte da auch leistungsmäßig das gegenteilige Extrem – mit einer Vmax von bis zu 210 km/h und Tempo 100, die nach 5,4 Sekunden erreicht werden. Wer’s feudal und gleichzeitig etwas vernünftiger haben möchte, dem seien die größervolumigen Diesel mit fünf Zylindern empfohlen.
Welchen heute nehmen? Das ist sicher eine der schwierigsten Entscheidungen, denn nicht nur die Wahl Benziner/Diesel ist nicht immer einfach zu treffen oder die Aufbauvarianten (es gibt den G in drei Typen: Als zweitüriges Cabriolet, als geschlossenen Dreitürer mit kurzem Chassis oder (wie unser Fotomodell) als fünftürige Langversion.

und die Batterieaufnahme

Die hier montierten Trittbretter erschweren eine umfassende Untersuchung der Schweller …

… deshalb muss man sich mit dem bescheiden, was so einsehbar ist

Fazit: Nachdem die Zustandskategorien bei der G-Klasse von Note 1 für besser als neu restauriert (ganz selten!) bis fünf (erhebliche Mängel, manchmal Fehlteile …) reichen können, maßgeblich abhängig davon, wie sie eingesetzt wurden, kann die generelle Empfehlung nur lauten: den im Blech- und Verschleißzustand besten … Sind Sie Vielfahrer, dann greifen Sie zu einer der kräftigeren Diesel-Ausführungen, fahren Sie dagegen wenig Kilometer und wollen sich dem akustischen „Nageln“ der Selbstzünder nicht aussetzen, so sind auch die im G recht durstigen Benziner eine gute Wahl. In diesem Zusammenhang ist natürlich die 30-Jahre-Schwelle von großer Bedeutung, ab der das steuermindernde H-Kennzeichen winkt. Sonst können einen die Kfz-Steuern sowohl bei den in den ersten Jahren noch Kat-losen Benzinern und erst recht bei den Dieseln arm machen.