Leopold aus Lech

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Der österreichische Hotelier Johann Schneider besitzt einen der nur 55 mal gebauten Bentley Blower. Wer mitfahren will, muss ins Hotel Arlberg nach Lech

Wer das Hotel Arlberg im österreichischen Lech besucht, wird sich sicher wohl fühlen zwischen Bibliothek, hauseigenem Kräutergarten, Weinkeller, Spa und Tennisplatz. Dazu kommen privat organisierte Rallyes wie die Arlberg Classic, einen Transfer im Maybach, und dank einer Kooperation mit Daimler kann man sich im Sommer ein Mercedes-Cabrio für etwa 45 Minuten kostenfrei ausleihen. Die Sonne wird unter anderem die Seele wärmen, der Schnee im Winter das Mütchen kühlen. Und die Familie Schneider, die das alles gegen eine angemessene Menge Euronen möglich macht, wird alle Hebel in Bewegung setzen, um einen außergewöhnlichen Aufenthalt zu garantieren.

Naja, fast alle Hebel jedenfalls. Denn Familienoberhaupt Johann Schneider, Kommerzialrat seines Zeichens, lässt niemanden an die Hebel seines Goldstücks: ein Bentley Blower. Für diejenigen, die das Auto nicht kennen: Baujahr 1936, erdacht von dem Bentley Boy Tim Birkin, der den 4,5-Liter-Bentley mehr Siegchancen in den damaligen Rennen wie Le Mans verschaffen wollte, indem er ihnen einen Kompressor verpasste. Nur 55 Stück entstanden, gewonnen hat nie einer, Birkin machte Pleite. Das alles störte nicht bei der Entwicklung des Blowers zu einem der begehrtesten Vorkriegsklassiker, für den – mit nachweisbarer Rennhistorie – inzwischen bis zu sechs Millionen Euro gezahlt werden. Kein Wunder also, dass die Schneiderschen Hotelgäste den Blower nur dann zu Gesicht bekommen, wenn der Schneiderjohann ihn Gassi führt.

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Dem anglophil veranlagten Arlberger („Ich mag die englische Lebensart, die Einstellung, gute Traditionen am Leben zu erhalten den Humor und die Art, sich zu kleiden…“) fiel der Wagen beim Goodwood Revival vor etwa vier Jahren auf. Zwei Jahre lang ließ er ihn nach Erwerb beim Spezialisten Bob Petersen aufbauen, wobei Chassis und Motor original sind. Dazu muss man wissen: Die Bentley wurden auch damals schon ständig verändern, so dass es heute fast kein Auto mit „matching numbers“, also allen Originalteilen, gibt.

Heute heißt Schneiders Blower „Leopold“ und ist eine Hommage an seinen Großvater Leopold Schneider, der einst das erste Automobil in Lech besaß „und von dem ich das Autovirus geerbt habe.“ Schneider bewegt seinen „Leo“ immer mal wieder, zum Beispiel bei Rallyes (im vergangenen Jahr etwa bei der legendären Nuvolari Classic), zu normalen Sommerausfahrten oder als Hochzeitsauto. Die Silvretta Classic macht er mit, ebenso die Ennstal Classic. „Aber ich freue mich auch, wenn Hotelgäste Interesse zeigen – dann gibt es immer mal wieder Mitfahrgelegenheiten.“

Übrigens: „Leopold“ ist nicht Schneiders einzige automobile Schwäche. Seit einiger Zeit besitzt er auch noch einen Aston Martin DBR2 – ein Modell, das natürlich ebenfalls in Le Mans zu Ruhm und Ehre kam. Sein neuestes Projekt, das er restaurieren lässt, ist dagegen gänzlich anderer Natur: ein VW Käfer. „Ich habe zwei linke Hände beim Schrauben, das lasse ich lieber machen,“ sagt der Autofan. Solange er die technischen Hintergründe versteht, ist er zufrieden. Aber nicht gefeit vor weiteren automobilen Versuchungen: „Konkretes ist zwar nicht geplant, aber ich habe die Erfahrung gemacht: Suche nicht nach Deinem Fahrzeug, denn es findet dich.“

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