1963er Ferrari 330 America

Der 330 America V12 zählt zu den seltensten Modellen aus Maranello und wird nicht mal von Ferraristi auf Anhieb erkannt. Mit dem 330 wurde Pininfarina endgültig zum Hausdesigner bei Ferrari: Fortan stammte das betörende Design der roten Renner exklusiv von dem begnadeten Karosserieschneider. Wir stellen einen perfekten Ferrari 330 America von 1963 vor.

Als John Lennon im Jahr 1965 seinen Führerschein machte, belagerten die Verkäufer von Luxusfahrzeugen sein Haus in Weybridge. Die Beatles hatten gerade “Ticket to Ride” auf den Markt gebracht,  da passte der Kauf eines weiteren Autos gut zum Titel. John wählte einen Ferrari 330 GT 2+2, wobei die zwei Sitzplätze im Fond wohl ausschlaggebend waren: Johns Sohn war damals gerade 22 Monate alt und saß backstage. Mit der Wahl des GT verpasste Lennon ganz knapp eine wirkliche Seltenheit: Den Ferrari 330 America, der als Übergangsmodell zwischen dem eingestellten 250 GTE und dem im Januar 1964 vorgestellten 330 GT 2+2 diente. Die Karosserie des 330 America entsprach stilistisch der des 250 GTE 2+2. Beide Modelle sind äußerlich – abgesehen vom Schriftzug „America“ auf der Kofferraumhaube – nicht zu unterscheiden. Vom 330 America entstanden nur 50 Fahrzeuge in einem kurzen Zeitraum Ende 1963. Noch etwa 30 Fahrzeuge sind heute in ihrer ursprünglichen Form existent – nun überlegen Sie mal, was die Kombi 330 America plus John Lennon heute einbringen würde…

Ferrari hatte eine neue Motorenära eingeläutet und den 12-Zylinder Colombo Motor mit drei  Liter Hubraum weiterentwickelt. Somit wurde aus dem ruhmreichen 250-Motor mit 240 PS der 330-Motor mit 300 PS und vier Liter Hubraum. Unser Testimonial, ein Ferrari 330 America mit der Chassis Nr. 5061GT, wurde im Oktober 1963 ausgeliefert und ist der 36ste von 50 gebauten Fahrzeugen. Seine frühen Jahre verbrachte der Beau in Ohio und Kalifornien, 1990 wurde er nach Europa verkauft und umfangreichen Servicearbeiten unterzogen. 2003 wechselte er zurück in die USA, wo er in den folgenden fünf Jahren komplett restauriert wurde. Der Innenraum wurde mit dem originalen Farbcode „Blu 3015 VM“ neu beledert, das Chassis in über 1.000 Arbeitsstunden restauriert und in authentischem „Azzuro acrilico 20336“ lackiert. Die Vollrestauration kostete den damaligen Besitzer Steve Patti aus Texas rund 200.000 Dollar.

Trotzdem – oder deshalb? – ließ sich Patti vom Briten Tony Best breitschlagen, das seltene Stück wieder nach Europa zu verkaufen. Best hatte den 330 America eher zufällig beim Goodwood Festival of Speed entdeckt und war schockverliebt. Praktischerweise  sparte man so den doppelten Shuttle über den großen Teich: Der Ferrari blieb der Einfachheit halber gleich in Merry Old England. Ungeachtet der 5-jährigen Vollresto der Kollegen in Übersee ließ Mr. Best beim Ferrari Servicepartner Macari in London nochmals die gesamte Technik erneuern und weitere Kleinigkeiten perfektionieren. Kostenpunkt: 107.691 Pfund. Die Gesamtkosten der Restaurationsarbeiten summierten sich somit auf mehr als 300.000 Euro, ohne dass der seltene Italiener überrestauriert wirkt

Der 330 America zählt zu den seltensten Modellen aus Maranello überhaupt und ist für viele  der perfekte 2+2: Er vereint die klassische Designsprache der frühen 60er-Jahre mit einem spürbar kräftigeren und für einen GT viel passenderen Motor. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von etwa 250 km/h und 300 PS Leistung ist der 330 America die wohl stilvollste und schnellste Möglichkeit zu reisen, ohne über zwei Mio Euro für einen 500 Superfast ausgeben zu müssen. Als Wertanlage ist er eine sichere Bank und für die, die sich trauen, ihn zu fahren, Fahrfreude pur. Denn auch Tony Best trennte sich bereits wieder von seinem durchrestaurierten Schätzchen und ließ Kevin Brauns Firma „Schaltkulisse“ in Taufkirchen nach einem neuen würdigen Besitzer Ausschau halten. Natürlich erfolgreich. Die Spezialisten in Sachen exklusive Sammlerfahrzeuge waren den seltenen Ferrari schneller los, als man „300 America“ sagen kann – wie immer in diesen Kreisen wird Stillschweigen über Eigner und Kaufpreis bewahrt. Dem geneigten Fan bleibt nur die Hoffnung, dass er mal durch den Schriftzug am Heck erkennt, dass hier das ultraseltene Interimsmodel Ferrari 330 America an ihm vorbeigleitet …

Technische Daten Ferrari 330 America

Baujahr: 1963
Motor: V12
Hubraum: 3.967 cm3
Leistung: 221 kW/304 PS
Beschleunigung: 0-100 km/h in 6,8 s
Vmax: 246 km/h
Drehmoment: 390 Nm
Antrieb: Hinterräder
L/B/H: 4.600/1.799/1.300 mm
Getriebe: 5-Gg. manuell
Gewicht: 1.490 kg
Preis: k.A.

Text: Marion Kattler-Vetter, Fotos: Schaltkulisse GmbH

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