Aus neu mach alt – Jaguar E-Type

Jaguar hat sechs nagelneue E-Type Lightweight auf die Räder gestellt –
weil sie schon in den sechziger Jahren geplant waren, aber nie gebaut wurden. TRÄUME WAGEN durfte Nr. 13 – oder Nr. 1 nach neuer Zeitrechnung  – näher kennen lernen

Der Besitzer des alten, neuen E-Type Lightweight braucht wohl einen gewissen Langmut. Denn es ist nicht unbedingt jedermanns Sache, sein 1,4 Millionen Euro teures Auto zu verleihen, damit es zigmal über ein raues, altes Flugfeld fetzt, driftet, schubbert und ein paar angereiste Journalisten beeindruckt.
Am Steuer sitzt allerdings ein Mann, der so aussieht, als hätte ihm das Projekt „E-Type Lightweight“ ein paar Falten mehr beschert: Kev Riches ist Ingenieur und sozusagen der Entwickler des modernsten
E-Type, den es auf der Welt gibt. Schon sein Vater konstruierte in den 60er Jahren an der Sportwagenikone herum, und zwar das Dach. Riches selbst arbeitet inzwischen seit 41 Jahren bei der englischen Marke, und es ist verständlich, dass er den Auftrag nicht ablehnen konnte: „Baue sechs Jaguar E-Type Lightweight“.

Das Auto ist nicht nur die erste vollständige Neuschöpfung der jungen Abteilung „Jaguar Land Rover Special Operations“, sondern vor allem die schönste Schnapsidee, die sich jemand aus der Autoherstellerbranche hat ausdenken können.

Alles Handarbeit: Spezialisten bauen eine Karosserie zusammen

Und es wundert nicht, dass sie von Jaguar kommt – einer Marke, die nicht nur eine reiche Historie besitzt, sondern sie mit Macht endlich wiederentdeckt: 1963 sollten 18 „Special GT E-Type“ gebaut werden, und ein zum Glück übereifriger Mitarbeiter vergab auch gleich 18 Fahrgestellnummern dafür. Allerdings wurden nur zwölf Stück gebaut – elf davon sind heute noch existent.
Die Autos – gefertigt in der Motorsportabteilung und alle mit einem S in der Chassisnummer versehen – waren für die Teilnahme an GT-Rennen homologiert und waren immerhin 114 Kilo leichter als die Basis, der E-Type Roadster. Alle Wagen bekamen ein Alu-Monocoque, ein Alu-Hardtop sowie einen Alu-Motorblock mit Wide-Angle-Zylinderkopf (Basis: XK-Sechszylinder mit Trockensumpfschmierung).

Schleifen, dengeln, nieten: fast wie vor 50 Jahren

Die Oberflächenbearbeitung allerdings ist etwas moderner als damals

Hauptsächlich ihren Nimbus verdanken die Leichtbauten ihre ständigen Einsätze als Hochzeitsautos: Graham Hill, Jackie Stewart, Roy Salvadori und Briggs Cunningham sollen in den Alu-Dosen ihr Ja-Wort verfestigt haben. Tatsächlich geriet jeder Lightweight damals anders als der vorherige, was nicht nur an Wunschausstattungen lag, sondern vor allem an einer großen Bandbreite von Qualitätsverständnis der damaligen Handarbeit, um es vorsichtig auszudrücken. Trotzdem hat sich die moderne Jaguar-Führung entschieden, auch bei den sechs neu aufgelegten Exemplaren keine anderen Materialien oder Befestigungsmethoden einzusetzen. Nur so erfüllen die alten Neuwagen oder neuen Klassiker die FIA-Homologation für historische Rennwagen. Trotzdem wurde moderne Technik eingesetzt: Digital-Abtastung erlaubte absolute Symmetrie von Karosseriehälften, alle 230 Karosserieteile sind passgenau. Riches: „Das sind die ersten symmetrischen E-Type der Geschichte.“

Niemals vorher besaß ein E-Type eine so symmetrische Karosserie

Die Karosserie von Nummer 13 – oder nach neuer Zeitrechnung Nr. 1 – macht einen bei einem E-Type vorher nie gekannten, wunderbaren Eindruck. Bevor Riches mit uns auf dem Eifelflugplatz Mendig  ein paar schnelle Runden dreht, erzählt er noch aus dem Nähkästchen: „Nur etwa 0,5 Prozent aller verwendeten Teile sind tatsächlich alt, wie zum Beispiel die Getriebeglocke und Teile des Differenzials. Aber die Windschutzscheibe hat uns am meisten Probleme bereitet…“

Klassische englische Konstruktion: 340 PS-Sechszylinder und Lederriemen