Cars an Style: Rekers Raritäten

Ralf Reker liebt außergewöhnliche Autos und restauriert sie bis zur Perfektion. Und zwar nur für sich. Das passiert in einer genialen „Man’s Cave“ – eigentlich besitzt er sogar zwei dieser Männerhöhlen

Die Wette war eindeutig: Würde Ralf Reker seinen Innenpool schließen und in den darüber entstehenden Holzfußboden eine Drehscheibe zur Präsentation von Autos vor die Hausbar bauen, würden ihm seine Kumpel zur Einweihung dieser Männerhöhle einen netten Abend mit Poledance spendieren. Sie hätten es wissen müssen: Reker realisiert alles, was er sich vornimmt und wovon er spricht. Der Männerabend soll voll gelungen sein.

Apropos gelingen: Es gibt Menschen, die sind handwerklich einfach so geschickt, dass sie alles können. Reker gehört dazu: Er macht zu Hause fast alles selber – vom Schreinern bis zum Klempnern. Nur die Elektrik lässt er in Ruhe. Wenns allerdings um Autos geht, wühlt er auch in Kabelbäumen. Er schraubt, er schweißt von Stahl bis zu Alu, er repariert Motoren, und fehlen Teile oder sind sie nicht mehr zu bekommen, baut er sie. Denn Autos sind sein Hobby: Er kauft sie, er restauriert sie, er behält sie. Und wenn er sie in den Händen hatte, sind sie allesamt besser als neu.

Woher er das Wissen hat? Reker zuckt mit den Schultern. Vererbt wurde es nicht. Mit drei Jahren fing er an, seine kleine Motorwindmühle zur elektrischen Eisenbahn zu reparieren. Mit 14 nahm er sein Mofa auseinander, um es zu tunen, mit 17 kaufte er einen VW T1 des Baujahres 1967, um mit seinen Freunden in den Urlaub fahren zu können. Der Ex-Feuerwehrwagen war im Jahr 1986 zwar nur 12.800 Kilometer gelaufen, aber voller Rost. Der Volkswagen wurde somit sein erstes großes Projekt, obwohl zunächst nur laienhaft gespachtelt wurde. Reker schnitt auch noch Fenster rein, aber nach einiger Zeit bereute er die Tat und begann mit einer Vollrestaurierung inklusive Rückbau zum Kastenwagen. Sie gelang perfekt: „Ich hab keine Schraube übrig gehabt“, erinnert sich Reker. Hatte er übrigens noch nie.

Heute zeigt sich der Bulli in blendender Form – was nicht nur die schwarz-orange Lackierung angeht, die für Rekers Strahlbetrieb wirbt. Das Auto ist noch heute sein Urlaubsvehikel – innen mit Kommode und Sitzbank ausgerüstet, technisch aufgerüstet mit einem 2,8-Liter-Boxer, 200 PS und Bremsen aus dem Porsche 944. Reker ist damit bei Bergrennen gefahren, und als er noch einen 160-PS-Motor besaß, schaffte der Bulli die Viertelmeile in 15,3 Sekunden. Heute cruist Reker mit dem Auto bei 130 km/h auf der Autobahn, 180 km/h wären aber auch kein Problem. „Ich bin ein Fan von Leistung“, erklärt Reker trocken. Verständlich …

Beruflich lernte der gebürtige Paderborner zuerst Werkzeugmacher, 1994 machte er seinen Kfz-Meister – „in einer Werkstatt, die sich hauptsächlich um Problemmarken wie Citroën, Renault, Mini und Alfa Romeo kümmerte“, so erklärt er seinen heutigen Hang zu Nischenautos. Dann gründete er eine Sandstrahlfirma, an der er heute noch beteiligt ist. Hauptberuflich ist er zurzeit Produktionsleiter bei Hansa-Flex, einer Firma, die Metallschläuche herstellt. Aber seine Erfüllung findet er in Autos.

Das geht so weit, dass er sich nicht nur die ans Haus angebaute „Man’s Cave“ eingerichtet hat, sondern ein paar Schritte entfernt eine komplette eigene 100 Quadratmeter große Werkstatt mit Hebebühne, Klimaanlage, Heizung und vor allem Platz – mithilfe einer Architektin als sehenswerte Metallbox ­– baute. „Meine Arbeitstemperatur ist eben 21 Grad“, sagt Reker, der früher in so kalten Werkstätten arbeitete, dass die Autos im Winter auch in der Halle nicht auftauten …

Auf der Bühne wartet dort zurzeit ein BMW 3.0 Si auf seine Vollendung: „Ein schwieriges Auto, sehr viele Teile, sehr kompliziertes Blech, aber damals absolut sein Geld wert“, weiß Reker. Darunter steht seine jüngste Errungenschaft – ein Renault Clio 1.8 16V. Der sieht aus, als wäre er soeben vom Band gepurzelt. Reker: „Erste Hand, Baujahr 1991, 1995 abgemeldet, 135 PS, 22.000 Kilometer gelaufen – so was muss man einfach mitnehmen.“ Was schon ein bisschen seine markenoffene Philosophie verrät. Auch wenn er auf Bullis absolut nichts kommen lässt, was bis zum Bulli-Tattoo auf dem Oberarm reicht.

Auf dem Unterarm übrigens ist eine „02“ zu finden, was die zweite tiefe Liebe offenbart: BMW. Und zwar, natürlich, alles vom 1802 bis zum 2002 tii. Deswegen steht auch ein 2002 tii im Jägermeister-Gewand und mit 200 PS in der Werkstatt – „mein Trackday-Rennwagen, einer fürs Grobe“. Aber so was von clean: Das Auto samt Käfig ist ohne Fehl und Tadel und besitzt trotzdem noch ein paar Überraschungen, wie zum Beispiel den Jägermeister-Flachmann als Kühler-Ausgleichbehälter. „Ich liege Jägermeister“, so erklärt Reker seine Lackierung, „und das schon seit 30 Jahren.“

Auch der Motor ist ein Blickfang. Das Aggregat besitzt eine frei programmierbare Einspritzung und 200 PS. Die Kraft wird über ein Fünfgang-Sportgetriebe auf die Hinterachse abgegeben. Ursprünglich war das Auto übrigens ein rostiger 1802. So ein Modell steht zusätzlich noch neben der Garage im Garten, aber mit Automatikgetriebe. „Denn mach ich auch noch fertig“, verspricht Reker, „aber die Automatik fliegt raus …“

Das ist ein gutes Beispiel dafür, warum Reker aus dem Basteln kein Geschäft macht: „Ich kann nicht nach Vorgaben arbeiten“, sagt er. Klar, für Freunde baut er schon mal ganze Autos zusammen, repariert und hilft, wo er kann, aber ein Auto zu bauen oder zu ändern nach den Wünschen anderer, das ist nicht sein Ding. So hat er auch die Vehikel für seine Tochter nach seinem Gusto gebaut: Zuerst einen T2 und jetzt einen Fiat 600. Den hat er akribisch zu einem Abarth 1000 TCR aufgebaut – mit allem, was so einen Abarth ausmacht. Ein Riesenaufwand, muss doch zum Beispiel das Fahrwerk vorne von Querblattfeder auf Einzelstoßdämpfer umgebaut werden. Das Auto benötigt verstärkte Achsschenkel, in Sachen Motor baute Reker auf einen 70-PS-Autobianchi-Block einen Vierkanal-Zylinderkopf. Um Sicherheit zu schaffen, hat er einen Käfig eingebaut, 103 PS sind für so eine kleine Kiste ja schon eine ganze Menge.

Seine erste automobile Sünde besitzt Reker übrigens auch noch immer: einen Ford GT 40 – allerdings ein Kitcar aus dem Jahr 1989. „Ich kam bei der Motorshow Essen auf die Idee und kaufte das Kit von Hermsen. Der Gitterrohrrahmen machte noch einen ordentlichen Eindruck, aber letztlich passte nichts zusammen.“ Statt des 2,9-Liter-Scorpio-Motors passte immerhin ein Fünfliter-Ford-V8 hinein, allerdings lief der wegen eines falschen Steuergerätes nur auf zwei Zylindern. Dank der Hilfe eines Spezialisten von Ford Motorsport wurde letztlich doch noch ein Auto daraus – nach vier Jahren Bauzeit, „und ich habe täglich daran gearbeitet“. Jetzt rollt der Wagen mit 228 PS, einem Getriebe aus dem Renault Alpine und Bremsen vom Mercedes W 123. Weil es überhaupt keine Lüftungsmöglichkeit gibt, hat Reker Löcher ins Dach geschnitten und perfekte herausnehmbare Dachhälften kreiert.

In der Garage teilt sich der „Ford“ den Platz mit einer umgebauten Honda VTR SP1 – eines von Rekers vielen Spielzeugen, wozu auch unter anderem ein Surfboard mit 12-PS-Motor für 60 km/h übers Wasser gehört, die auf alt gemachte Vespa mit viel zu starken 34 PS und eine motorisierte Bierkiste. Und da gibt es noch hier einen Citroën HY mit geteilter Frontscheibe, dort einen Jensen 541S in Einzelteilen – Letzterer war eines von drei Autos, die Reker bei einer Urlaubsreise auf dem Weg mal eben gekauft hat. Der soll auch bald fertig werden. Geplante Bauzeit: ein Jahr.

Momentan steht auf dem Drehteller ein sehr selten gewordenes Auto: ein Autobianchi A112 – besser als je aus dem Werk gerollt und völlig ohne Rost. Der gehört nicht ganz ins Beuteschema von Ralf Reker, weil zu schwach motorisiert, aber auch dieses Auto konnte er nicht so einfach stehen lassen und musste es perfektionieren. Vielleicht wird er es verkaufen – man kann ja mal anfragen. Dann wäre in der „Man’s Cave“ Platz für „etwas Unerreichbares wie einen Mercedes 300 SL Gullwing oder einen BMW Z8“.

Aber wer weiß? Bislang hat Reker ja alles verwirklicht, wovon er einst träumte …

Text und Fotos: Roland Löwisch

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