Frau 8 – Ersatz-Befriedigung

Fragen Sie Frau 8

„Fragen Sie Frau 8“ – Probleme mit dem Wagen, der Frau oder dem Leben an sich? In dieser Rubrik gibt Wiebke Brauer viele Antworten, mögliche Lösungen – oder einfach ein kleines Stück Hoffnung


Ersatz-Befriedigung

Pontiac-Dinos, Harley-Mofas oder Schokoladen-Zigaretten: Es muss nicht immer das Original sein – ein Plädoyer für das voll Unechte

Meine Freundin Iris bekam als Kind keine Turnschuhe von Adidas, sondern nur diese Billo-Treter mit den zwei Streifen. Was tat sie? Sie malte den dritten Streifen mit Edding auf den Schuh. Eine lausige Idee. Zumindest in den Augen ihrer Mitschüler. Woran man sieht, dass Kreativität nicht immer zum Erfolg führt – und wenn man ehrlich ist, überkommt einen beim Anblick eines Pontiac Fiero, der zum Ferrari Dino umgebastelt wurde, der gleiche Reflex wie einst Iris’ Klassenkameraden. Man denkt über den Besitzer: „Was für ein Loser.“ Was prinzipiell schade ist, denn nichts spricht gegen den Behelf. Zum Beispiel druckte sich der amerikanische Künstler Jonathan Brand eine Honda in 3-D aus. Weil er sich nie eine kaufen konnte. Die CB500 von 1972 sieht aus wie die pergamentfeine Hülle eines sich häutenden Insektes, sie ist aus Plaste und kann nichts, aber hey, wenn das keine gelungene Kompensation ist, was dann? Ich bin sicher, der Mann ist froh. Insofern finde ich es völlig in Ordnung, Schokoladenzigarren zu rauchen und sich einen Ferrari-Aufkleber auf den Mazda zu beppen, weil man davon träumt, einen Supersportwagen zu besitzen. Ob man 30.000 Euro für den Umbau bezahlen muss, steht auf einem anderen Blatt. So bot die britische Tunerfirma Extreme Cars vor Jahren einmal ein Karosserie-Kit an, um sein olles Peugeot 406 Coupé in einen Ferrari F360 zu verwandeln. Zur Grundausstattung gehörte ein Haufen glasfaserverstärkter Kunststoffteile, darunter Türen, Motorhaube, Dach, Kotflügel und Außenspiegel. Kostenpunkt für den Bausatz zum Selberbasteln: 10.000 Euro. Für 250 Euro konnte das legendäre Cavallino der Scuderia bestellt werden, um damit den Peugeot-Löwen zu ersetzen. Offenbar fand Ferrari das nicht so witzig wie die Briten, zu finden ist die Firma jedenfalls nicht mehr.

Natürlich könnte man jetzt anfangen, über die Bedenklichkeit von Fake-News zu diskutieren und über den Sinn und Unsinn von Tofu-Wurst. Aber das würde jetzt eindeutig zu weit führen. Der Punkt ist, dass der Fantasie keine Grenzen gesetzt sind und dass ein Traum die lächerlichsten Maßnahmen rechtfertigt. Ganz ehrlich? Wenn ich könnte, würde ich mir aus Wellblech einen Porsche 911 S von ’77 in Popelgrün basteln. Aber weil das ein bisschen so aussähe wie der Edding-Streifen auf Iris’ Turnschuh, träume ich weiter von ihm, ganz ersatzlos. Geht ja auch.

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Mail an: frauacht@träume-wagen.de

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