Jeep CJ5 Golden Eagle

Es gibt Fahrzeugkonzepte, die machen an. Solche jedoch, die Jahrzehnte überdauern und dabei so gut sind, dass sie Generationen junge Leute immer wieder aufs Neue für sich begeistern können, sind verdammt rar gesät. Grund genug, den Urmeter des puristischen Geländewagens, den amerikanischen Jeep CJ, genauer unter die Lupe zu nehmen: Ihm gelingt das Kunststück der ewigen Jugend bis heute

Manche Menschen behaupten ja, er sei der erste echte SUV. Richtig ist: Der Jeep CJ-2A war der erste Offroader, der nicht fürs Militär bestimmt war. Das war sein älterer Bruder, der einfach nur „Jeep“ hieß. Aber der Zusatz CJ machte den Alleskönner zum Zivilisten: Der Civilian Jeep war dazu da, sich einen Platz in der Freizeitgesellschaft zu sichern.

Der CJ-2A war zunächst ein minimalistischer Personentransporter vor rund 70 Jahren, zwar domestiziert, aber immer noch ausgestattet mit dem charakteristischen Seven-Slot-Kühlergrill und den eng stehenden Rundscheinwerfern. Die American Motors Corporation forcierte ab 1970 als neuer Firmeninhaber mit den neuen, 799 Dollar teuren Renegade-Ausstattungspaketen diese Strategie. Spätestens mit ihren prunkvollen „Golden Eagle“-Sondermodellen war sie Trendsetter, ab 1978 zogen zahlreiche Glamour- und Luxuselemente des American Way of Drive in die seit 1954 gebaute CJ5-Karosse ein.

Die Idee war es, eine Komfort orientierte Limousinen-Kundschaft mit einer besonders umfangreich ausgestatteten Eyecatcher-Version anzusprechen: Dreispeichenlenkrad und Sport-Ledersitze mit abgesetztem Keder gab es für satte 1249 Dollar Paket-Aufpreis ebenso ab Werk wie ein aufgewertetes Cockpit, Teppiche für den Boden und ein AM-Radio. Neben einem Hauben bedeckenden goldenen Adlerdekor und auffälligen Folienschriftzügen fiel vor allem das mächtige Format des neu lieferbaren 304-cui-V8-Triebwerks aus dem gewohnt kantigen Rahmen. Das umfangreiche Upgrade wurde zu einem Riesenerfolg, denn es geschah ohne die markante Linienführung oder gar das Konzept des mindestens 4.895 Dollar teuren Basisfahrzeugs zu verwässern.

Vom Trendsetter zum Oldie für alle Fälle

Ein original erhaltener Jeep CJ-5 Golden Eagle darf heute als ein besonders lässiger Oldtimer gelten, der an der Tankstelle zwar kein Kostverächter ist, dafür aber als immer noch alltagstauglich durchgeht. Für Offroadabenteurer und Sonnenanbeter ist er außerdem erste Wahl, denn mehr Freiheit auf vier Rädern ist kaum möglich. Sind das Softtop-Planenverdeck und die Stofftüren demontiert, sitzen die Passagiere komplett im Freien und das Open-Air-Feeling ist grenzenlos. Ganz Hartgesottene können sogar noch einen draufsetzen und sich bei abgeklappter Frontscheibe den Safarilook und eine Überdosis Fahrtwind geben. Ein derart kompromissloses Konzept braucht keine breit asphaltierten US-Highways, um anzukommen – in die Herzen seiner Fans fährt der Jeep sowieso viel lieber auf dem direktem Wege querfeldein. Er ist ein grandios zweckmäßiges Auto mit treuer Seele.

Als handfester Typ hat er natürlich keine Angst, sich schmutzig zu machen. Gnadenlos wühlt er sich dank des permanenten Quadra-Trac-Allradantriebs mit Untersetzung durch dick und dünn, meistert das Death Valley, erklimmt die Rocky Mountains oder parkt einfach nur auf den Stränden der angesagtesten Surf-Spots Kaliforniens. Immer schützend dabei ist ein stabiler Überrollbügel. Form und Funktion des Jeeps haben eine ungewöhnlich klare Message: „Hey Baby, du gibst mir genug Öl und Benzin aus, dann schaffe ich es für dich notfalls auch bis ans Ende der Welt.“

Hoch über der Straße thronend fühlt es sich an Bord immer etwas wankend wie ein Schiff bei leichtem Seegang an, bedingt durch den 2121 Millimeter kurzen Radstand, zwei blattgefederte Starrachsen und die leichtgängige Servolenkung. Dafür ist die Handlichkeit dank der kompakten Abmessungen verblüffend. Der Platz reicht notfalls sogar für vier Passagiere und etwas Strandgepäck, wobei die kleine Bank im Fond definitiv nur Notsitzcharakter hat und daher von Singles gerne demontiert wird.

Haubertaucher auf Probefahrt

Auch ohne einen talentierten Schrauber als Partner kann Frau mit einem Jeep verdammt viel Spaß haben. Die robust ausgelegte Graugusstechnik ist zäh. Und falls doch mal was hakt, findet sich bestimmt eine Lösung, denn in der Jeepszene hält man fest zusammen. Wenn eine charmante junge Dame im luftigen Sommerlook am Steuer des Golden Eagles sitzt, fühlt sich die Männerwelt erst recht herausgefordert, im Notfall den gelben Engel zu geben und den Kopf prüfend unter die Haube zu stecken. Als Dankeschön gibt es für den sympathischen Pannenhelfer eine gemeinsame Probefahrt im penibel restaurierten Klassiker und die Möglichkeit zum Vergleich zwischen dem 5,0-Liter-V8-Modell und dem zwei Jahre jüngeren, schokobraunen 1982er-Modell mit Reihensechszylinder und zahmen 103 PS aus 4,2 Liter Hubraum.

Mit seinem lässigen T150-Dreiganggetriebe umgarnt der drehmomentstarke V8-Macho die Damenwelt mit einem reichlichen Mehr an Powerreserven und wirkt dadurch nochmals souveräner motorisiert als sein schwächerer Bruder. Mindestens genauso cool wie der Sound aus der Sidepipe-Auspuffanlage wirkt der „Custom Look“ dank nachgerüsteter zehn Zoll breiter Chromfelgen mit A/T-Walzen von BF Goodrich und zusätzlichen Scheinwerferschutzgittern. Auf dieses stimmige Gesamtpaket dürfte vermutlich fast jeder JEEP-Fan abfahren.

Doch welche Frau will bei solchen Vorraussetzungen schon einen festen Partner auf dem Beifahrersitz?

JEEP CJ-5 304 V8
Baujahr: 1978
Motor: V8
Hubraum: 4.981 ccm
Leistung : 110 kW (150 PS)
Drehmoment: 323 Nm max.
Getriebe : Dreigang-Handschalter mit Untersetzung
Antrieb: Allrad
Maße (L/B/H mm) : 3.515/1.742/1.720
Gewicht : 1.364 kg
0-100 km/h : 12,5 Sek.
Top-Speed : 140 km/h

Text: Lars Jakumeit / Fotos: Nico Meiringer