BMW 6er-Coupé E24

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Bis zur ersten Generation der BMW 6er-Baureihe (Werksbezeichnung E24) lässt sich eine gemeinsame Designlinie bis zu den C-Coupés der 1960er-Jahre erkennen – dann kamen Chris Bangle und Adrian van Hooydonk mit aufgesetzten Kofferraumklappen und verschwurbeltem Ochsenfrosch-Look. Für uns ist der erste 6er das letzte wirklich schöne BMW-Coupé – aber ist er auch ein empfehlenswerter Klassiker?

Mit den großen Coupés der C-Baureihe (ab 1965) machte sich BMW für graziles Design beliebt und unsterblich. Auch die erste Baureihe der 6er-Coupés (1975 bis 1989) folgt noch dieser Formensprache. Deren elegantes Erscheinungsbild gründet sich vor allem auf die gestreckte, leicht gewölbte horizontale Linienführung sowie auf die großen Fensterflächen, die lediglich von filigranen Holmen an den A- und C-Säulen durchbrochen werden. Sie bieten einen Rundumblick, der bereits in den 1960ern Maßstäbe setzte – heute können Autofahrer von so etwas nur träumen.

Gegenüber seinem Vorgänger (CS-Baureihe E9) verfügt der 6er wegen seiner angewachsenen Innenraumdimensionen und Außenabmessungen im Interesse höherer Karosseriesteifigkeit zwar schon über eine schmal gehaltene B-Säule, die allerdings mit einer schwarzen gerippten Kunststoffverkleidung versehen wurde, damit man sie möglichst „gar nicht merkt“. Der Trick funktioniert – allerdings auch auf Kosten der hinteren Seitenfenster, die sich nun nur noch einen relativ kleinen Spalt absenken lassen.

„Da die Fensterheber gern auch mal weggegammelt sind, sollte man diese Option am besten ganz vergessen,“ empfiehlt 6er-Papst Frank Bröcking, der in Brunstorf bei Geesthacht östlich von Hamburg eine auf BMW-Klassiker spezialisierte Werkstatt mit Handel betreibt. Er stellte uns freundlicherweise auch die Referenzfahrzeuge für unsere Fotos zur Verfügung und zeigte kritische Stellen auf, von denen es außer den hinteren Fensterhebern noch einige gibt. Besonders gut demonstrieren lassen sich die Schwachstellen an einem ziemlich maroden Exemplar, das in Bröckings Werkstatt erstaunlicherweise nicht aufs Ausschlachten, sondern auf eine Wiederauferstehung wartet. „Bei dem lohnt sich das – allerdings auch nur, weil es ein M635 CSi ist,“ freut sich Bröcking über den raren Schatz. Zu den hinteren Seitenscheiben hat er übrigens auch gleich noch eine weitere Info parat: Sie werden von den aufquellenden Fensterführungen mitunter so unter Spannung gesetzt, dass sie manchmal ohne Vorwarnung einfach platzen. Kein Einzelfall, wie er sagt. Ersatz ist nicht nur hier schwierig zu bekommen – selbst die BMW Classic-Abteilung ist weit weniger gut sortiert, als man annehmen würde.

Ein Quell der Freude sind dagegen die herrlichen Sechszylinder, die anfangs mit 3,0 und 3,3 Liter Hubraum zu haben waren. 1978 kam der 3,5-Liter hinzu, und 1979 zur Abrundung nach unten der 628 CSi, der bei erheblich besseren Verbrauchswerten fast die Fahrleistungen des 633 CSi erreichte. Auch an der umfangreichen Serienausstattung konnte man den Oberklasse-Anspruch deutlich ablesen: Aufpreisfrei waren von Anfang an Komfortmerkmale wie elektrische Zentralverriegelung, elektrische Fensterheber, elektrisch verstellbarer Außenspiegel, höhenverstellbarer Fahrersitz, ein längsverstellbares Lenkrad sowie eine Wärmeschutzverglasung an Bord, darüber hinaus Sicherheitsdetails wie die Servolenkung mit Sicherheitslenksäule und die Verbundglas-Frontscheibe. Außerdem gab es Aluminiumräder, Halogenscheinwerfer und eine Nebelschlussleuchte, auch ein Drehzahlmesser war damals nicht selbstverständlich.

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Die bei Karmann gebauten E24 hatten serienmäßig Teilleder-Sitze, die Fondsitze waren stets als Einzelsitze ausgeführt. Aufwerten ließen sich die 6er-Coupés eigentlich nur mit einer Klimaanlage, einem elektrischen oder manuellen Stahlkurbeldach sowie durch ein Dreigang-Automatikgetriebe (ab 1983 Viergang-Automatik mit Wahlmöglichkeit der Schaltcharakteristik).

An der Optik des 6er-Coupés gab es im Laufe der 14-jährigen Bauzeit nur wenige Änderungen, die meisten wurden im Zuge der zwei großen Modellpflegen (1982 und 1987) vorgenommen, die jeweils auch größere technische Änderungen mit sich brachten. Die erste Modellpflege manövrierte die 6er-Baureihe technisch auf den Level der 5er-Limousinen vom Typ E28. Das Fahrwerk wurde überarbeitet, die Karosserie um 50 Kilogramm leichter – bei gleichzeitigen Verbesserungen der Steifigkeit. Frank Bröcking weist auf den in diesem Zusammenhang wesentlich verbesserten Korrosionsschutz hin, was sich bis heute an geringeren Rostschäden bemerkbar macht.

Motorseitig kam beim 635 CSi die modernere Motronic statt der L-Jetronic zum Einsatz. Am auffälligsten sind die Neuerungen im Innenraum. Das Armaturenbrett erfuhr ebenfalls eine kräftige Modernisierung. In diesem Zusammenhang wurde auch das Check Control-Panel für die Funktionsüberwachung von Brems- und Schlussleuchten, den Füllstand von Kühlmittel, Motoröl, Bremsflüssigkeit und Scheibenwaschwasser sowie die ausreichende Dicke der Bremsbeläge verlegt. Es arbeitet jetzt nicht mehr nur auf Tastendruck, sondern vollautomatisch und kontinuierlich. Zusätzlich ist ein Bordcomputer (beim 628 gegen Aufpreis) installiert, der außer Uhrzeit und Datum auch die Außentemperatur (mit Eiswarnung unter +3 Grad) sowie Durchschnittsgeschwindigkeit und -verbrauch anzeigen kann.

Bei der zweiten Modellpflege fielen die Karosserieänderungen etwas auffälliger aus: So wurden die bisher für den US-Markt bekannten, vergrößerten Stoßfänger vorn wie hinten angepasst und mit Prallelementen ausgestattet, die Stöße bis 15 km/h abfangen (bis 8 km/h reversibel per hydraulisch gedämpften Federelementen, darüber bis 15 km/h irreversibel per vergleichsweise einfach austauschbaren Deformationselementen), an alle Modelle montiert. Seitlich waren die Stoßstangen nun mit in Wagenfarbe lackierten Plastikblenden eingekleidet.

Der abermals vergrößerte Frontspoiler war jetzt beim 635 CSi und dem M635 CSi identisch. Als Scheinwerfer kamen die damals gerade neuen DE-Leuchten mit Dreifach-Ellipsoidtechnik zum Einsatz. Der 2,8-Liter-Motor wurde aus dem Programm genommen, die verbleibenden Modelle 635 CSi und M635 CSi hatten jetzt serienmäßig einen Katalysator. Die jeweiligen hoch verdichteten, Kat-losen Varianten waren jedoch weiterhin auf Kundenwunsch lieferbar.

Als direkte Ablösung für die 6er-Baureihe trat zunächst die völlig neu gestaltete 8er-Baureihe mit 12- und 8-Zylinder-Motoren ein, einen neuen 6er (E63 / E64) gab es dagegen erst wieder im Jahr 2003 – es ist das auch als Cabriolet erhältliche „Bangle-Modell“.

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