Mercedes SL (R129)

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Ist die Hardyscheibe der Kardanwelle noch in Ordnung? Prüfen!

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Das ABS-Modul im Motorraum

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Die Radaufhängung der Vorderachse ist weitgehend identisch mit der W124-Limousine – und damit auch mögliche Verschleißpunkte wie die unteren Traggelenke…

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…oder die Gummibuchsen der Querlenker

Fahrwerk, Lenkung, Bremsen

Bremsanlage

An der Verzögerungsleistung der SL-Bremsanlagen gibt es nichts auszusetzen, selbstverständlich sind ringsum Scheibenbremsen verbaut, die allerdings im Laufe der Bauzeit und auch abhängig von der jeweiligen Motorvariante unterschiedlich dimensioniert sind. Verschleißteile sind zumindest bei freien Händlern günstig erhältlich. Allerdings sollten nur Markenkomponenten eingesetzt werden.

Radaufhängungsteile

Die Vorderachse mit Doppel-Querlenkern, aber auch die Raumlenker-Hinterachskonstruktion mit Einzelradaufhängung sind im Wesentlichen Ableger der 201er- und 124er-Limousinen-Baureihe und bescheren dem 129er ein unkritisches Fahrverhalten. Doch es gibt eine ganze Reihe von Buchsen, die verschleißen und die Straßenlage verschlechtern können. Gefährlich sind beispielsweise ausgeschlagene Traggelenke an der Vorderachse. Eine Generalüberholung aller in Betracht kommenden Bauteile ist aufwändig und damit kostspielig. Leider wird man sich hier oft auf eine oberflächliche Sichtkontrolle beschränken müssen.

Lenkgetriebe, Umlenkhebel, Spurstangen

Großes Lenkungsspiel kann beim R129 mehrere Ursachen haben. Das Spiel am Lenkgetriebe ist bis zu einem gewissen Grad einstellbar, allerdings kann es ebenso wie der Umlenkhebel auf der Beifahrerseite und die Spurstangenköpfe auch verschlissen sein, was zu fehlender Lenkpräzision beiträgt. Mit einem Helfer am Lenkrad lässt sich Lenkungsspiel recht einfach prüfen. Serienmäßig ist eine Servounterstützung verbaut, die an den Anschlüssen und auch an der Servopumpe selbst undicht werden kann. Bei der Probefahrt ist unbedingt auch darauf zu achten, ob das Lenkrad gerade steht und ob der Wagen spurtreu geradeaus fährt. Andernfalls ist die Achsgeometrie verstellt, was ebenfalls eine Unfallursache haben kann.

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Die Servopumpe kann an den Anschlüssen sowie an der Pumpenwelle undicht sein

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Das Spiel im Lenkgetriebe ist in Grenzen einstellbar, manchmal allerdings auch verschlissen…

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…ebenso wie die Spurstangenköpfe und der Umlenkhebe

 

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Bis zu einem gewissen Verschleißgrad wird Patina an den Lederpolstern häufig akzeptiert. Gehen die Nähte auf, muss der Sattler ran. An kalten Tagen ist die Sitzheizung gerade auch beim Offenfahren eine schöne Komforteinrichtung

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Die Klimaautomatik zählt seit 1995 zur Serienausstattung, bis 1995 war auch eine manuelle Klimaanlage aufpreispflichtig

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Der frühe R129 hat noch einen Sicherungskasten mit Keramiksicherungen

Innenraum, Elektrik

Innenausstattung

Der 107er SL wurde ab Werk bis 1998 mit Stoffsitzen oder Ledersitzen ausgestattet, danach gab es ausschließlich Lederausstattungen. Von allen Ausstattungsvarianten gab es zahlreiche verschiedene Farbkombinationen. Erfahrungsgemäß sind Stoffausstattungen heute nicht besonders gefragt und führen zu einem Preisabschlag, auch wenn sie vom Zustand her noch in Ordnung sind und das Sitzgefühl angenehmer ist als auf den teilweise doch sehr rutschigen Ledersitzen, die darüber hinaus im Sommer oft zu heiß und im Winter kalt sind. Ihre Vorzüge liegen neben der Optik in der höheren Strapazierfähigkeit und der besseren Reinigungsmöglichkeit. Ersatz für die Stoffausstattungen ist überdies schwieriger zu beschaffen und aufzuziehen, also teuer. Echtledersitze entwickeln im Laufe der Zeit zwar auch Risse und Farbschattierungen, die einige jedoch bis zu einem gewissen Verschleißgrad als „Patina“ schätzen. Neben den Fahrersitzbezügen bei Autos mit hoher Laufleistung treten Schäden an der Stoff-Innenausstattung vor allem an den Oberseiten der Lehnen auf, die durch Sonneneinstrahlung brüchig werden. Optional gab es für Fahrzeuge ohne das Bose-Soundsystem hintere Klapp-Notsitze oder gar eine richtige Rückbank, auf der es kleinere Kinder eine Zeitlang aushalten mögen. Sie sind sehr gesucht. Eine Kombination der hinteren Sitze mit dem Bose-Soundsystem ist wegen des im Fond eingebauten Subwoofers nicht möglich. Doch nicht nur Stoff oder Leder sollten tadellos sein, sondern auch die ebenfalls in einer Vielzahl von Farben und Materialien ausgelieferten Zierteile und Blenden. Hier kann die Ersatzbeschaffung insbesondere bei den farbigen „designo“-Holzapplikationen und bei Spezialausführungen für die diversen Sondermodelle (wie z. B. die 40th Anniversary Roadster Edition) wirklich problematisch sein.

Elektrik, Schalter, Instrumente

Grundsätzlich ist die gesamte elektrische Ausrüstung von typischer Mercedes-Qualität. Auch eine hohe Reparaturfreundlichkeit ist bereits ab Werk gegeben, indem alle elektrischen Anschlüsse mit soliden Steckverbindern ausgeführt sind. Allerdings ist es dringend angeraten, alle elektrischen Komfortoptionen von den Fensterhebern über die Sitzheizung bis zu Tempomat und Klimaanlage auf Funktion zu testen, da Instandsetzungsarbeiten daran fast immer sehr teuer sind. Die zahlreichen Steuergeräte können von Spezialfirmen instandgesetzt werden, was häufig günstiger ist als ein Neukauf.

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Das Kabelgewirr eines in Restauration befindlichen R129 zeigt es: Das Cabrio ist vollgestopft mit elektrischen Helferlein, die allerdings auch alle funktionieren sollten

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Das Airbag-Lenkrad hier entspricht ebenfalls noch dem Vor-„Mopf“-Modell und verströmt damit den Design-Charme der frühen 1990er Jahre

Fazit

Die Mercedes SL-Baureihe R129 ist zurzeit einer der heißesten Aspiranten auf eine künftige positive Wertentwicklung. Mit seinen zahlreichen technischen Annehmlichkeiten der damaligen Oberklasse kann sie auch aktuelle Komfortansprüche noch problemlos befriedigen. Außerdem bietet sie volle Alltagstauglichkeit. Aus der großen Angebotspalette an Triebwerken, Ausstattungen und den optischen Änderungen im Laufe der langen Bauzeit ergibt sich für R129-Interessenten allerdings eine besondere Qual der Wahl. Soll man aber lieber ein Urmodell mit der unverwässerten schlichten Sacco-Linie nehmen, auch wenn damit (etwas) weniger Komfort und Leistung gepaart ist mit (etwas) höheren Verbrauchswerten sowie einem aufgrund des Alters etwas erhöhten Korrosionsrisiko? Oder soll man zu einem der letzten Exemplare – womöglich gar zur „Vollfettstufe“, dem 600er-Zwölfzylinder – greifen? Diese Fragen müssen die R129-Interessenten mit sich selbst ausmachen. Echte Fehlgriffe sind bei gut gewarteten Exemplaren mit belegbarer Historie kaum möglich, wenn man auch noch die Fahrzeuguntersuchung gewissenhaft durchführt. Und vielleicht kaufen Sie ihn jetzt – in der „schlechten Cabriozeit“ ausgangs des Sommers, bauen ab November das Hardtop drauf und genießen den SL für alle Tage schon mal als Coupé im Winter.

Technische Daten

Mercedes-Benz R129
Baujahr: 1995
Motor: Reihensechszylinder
Hubraum: 2.799 ccm
Leistung: 142 kW (193 PS) bei 5.500/min
Max. Drehmoment: 270 Nm bei 3.750/min
Getriebe: Viergang-Automatik
Antrieb: Hinterräder
Länge/Breite/Höhe: 4.499/1.812/1.303 cm
Gewicht: 1.760 kg
Beschleunigung 0-100 km/h: 9,9 Sek.
Top-Speed: 225 km/h
Neupreis: ca. 120.000,- DM

Das Referenzfahrzeug wurde uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt von

Steenbuck Automobiles,
21376 Gödenstorf-Lübberstedt

 

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Fotos: Martin Henze