„Fragen Sie Frau 8“ – die Ratgeber-Kolumne in Träume Wagen: Frontschaden

Probleme mit dem Wagen, der Frau oder dem Leben an sich? In dieser Rubrik gibt Wiebke Brauer viele Antworten, mögliche Lösungen – oder einfach ein kleines Stück Hoffnung.

Frontschaden


Nein, diesmal nichts Lustiges, sondern etwas über US-
Veteranen und ihre Autos.

Porno-Magazine, zerfledderte Bibeln, ein Jagdmesser. Ein Fahrersitz, dessen Polster aus Gaffa-Tape besteht. Ein Revolver neben einem angebissenen Burger, eine Hundefutterdose voller Zigarettenkippen. Spritzen. Tablettenröhrchen. Eine Türverkleidung fehlt. Gehstöcke, Geweihe und Gebisse. Ein zerkratzter Himmel. All das kann man auf den Fotos sehen. Die Bilder zeigen Autos von amerikanischen Kriegsveteranen, der Fotograf Matthew Casteel hat sie gemacht. Mal sind es die Vorder-, mal die Hintersitze, manche sind penibel sauber, nur ein Star-Spangled Banner findet sich auf der Mittelkonsole. Andere starren vor Dreck, als wären 1000 Leichen darin verrottet. Wie der Fotograf zu seinen Motiven kam? 2009 nahm er einen Job in einem Krankenhaus für Kriegsveteranen in North Carolina an. Seine Aufgabe bestand darin, die Autos der Veteranen zu parken.

Viele von ihnen waren im Krieg verwundet worden und schafften die Strecke vom Parkplatz zum Eingang des Krankenhauses nicht mehr. Casteel hörte sich die Geschichten der Männer an, die in Vietnam, Korea, Irak oder Afghanistan gekämpft hatten. Manche waren sogar im Zweiten Weltkrieg. Erst begann Casteel, die ehemaligen Soldaten zu Hause zu portätieren – dann stellte er fest, dass „sich die Sorgen und Probleme der Veteranen in vielen ihrer Fahrzeuge widerspiegelten“, wie er sagt. Natürlich weiß man inzwischen, was posttraumatische Belastungsstörungen sind. Was man aber nicht weiß – oder ich zumindest nicht: Jeden Tag nehmen sich in den USA 22 Veteranen das Leben. „Die verwahrlosten Innenräume sind gewissermaßen ein Spiegel der Seelen der Veteranen“, erzählt der Fotograf. Vielleicht sind deswegen Fotos so bedrückend, weil gerade das Auto in Amerika für Mobilität, Freiheit und Unabhängigkeit steht – und die Bilder das genaue Gegenteil zeigen.

Was ich beim Betrachten der Fotos ebenfalls dachte: Wie gut man es doch hat. Wenn ich in mein Auto blicke oder in die Fahrzeuge meiner Freunde, sehe ich nur Ordnung und Wohlstand. Kann man sich ja auch mal drüber freuen. Peace.

Der Bildband „American Interiors“ von M. L. Casteel ist bei Dewi Lewis erschienen und kostet 28,96 Euro.

Text und Fotos: Wiebke Brauer

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