Leserauto: 1963 Dodge 440 von Daniel Mrugalla

US-Klassiker der 60er und 70er mit fettem V8 sind eine Klasse für sich, on Top die Mopars von Dodge und Plymouth. Bis heute sorgen sie für glänzende Augen in Gearhead-Kreisen. Auch bei Daniel, der seinen 1963er Vintage-440 mit Stolz und Leidenschaft fährt …

Zugegeben, Dodge macht es einem nicht gerade leicht mit dem Modelldurchblick. Ursprünglich geplant als Marke, die für Chrysler das Mittelfeld abdecken und sämtliche GM-Marken zwischen Pontiac und Buick im Schach halten sollte, stand Dodge vor einer unlösbaren Aufgabe, die der Marke Höchstleistungen abverlangte und ihr vielleicht gerade deshalb einen besonderen Platz in der US-Automobilgeschichte bescherte. Dodge war nicht günstig, nicht wirklich konservativ, nicht spartanisch aber auch nicht extravagant. Dafür sportlich mit einem leichten Hang zum Luxus, was in den Jahren boomender Performance zwischen 1960 und 1970 den Nagel auf den Kopf traf. Die hochmotorisierten Midsize-Coupés waren schnell genug, um in den Straßenkriegen mitzuhalten, spätestens mit dem Charger waren die Fronten geklärt. Verantwortlich für die Musclecar-Legenden um die Marke war die „heilige Dreieinigkeit“ der High-Performance-Achtzylinder: 383, 426 Hemi und 440 cui.

Die Namen jagen Musclecar-Fans noch heute wohlige Schauer über den Rücken: Scat Pack,  R/T, Super Bee … es war eine glorreiche Zeit, die erst durch die Ölkrise unsanft gebremst wurde. War das Ziel, leistungsstarke Motoren in verhältnismäßig kompaktes Blech zu packen, sonnenklar, ging´s bei der Namensgebung drunter und drüber. Der „kleine“, auf dem Plymouth basierende Dart wurde vom 880 abgelöst, ein Jahr später hieß ein echter Kleinwagen Dart, aus dem 880 wurde die Fullsize-Klasse, Plymouth stellte die Midsize-Plattform des Konzerns und Dodge setzte mit dem Coronet auf den neuen B-Body und Nummerierungen wie 500, 330 und 440.

Womit wir endlich da sind, wo wir hin wollen: Beim Dodge 440 von Daniel Mrugalla. Für misstrauische Besserwisser: Nein, es ist kein Polara und auch kein Coronet, der 440 ist als 440 eingetragen und trägt seinen Namen stolz an der C-Säule, die trotz fehlender B-Säule so heißt. Punkt. Die wilden Jahre seiner Geburt sind dem 63er anzumerken. Schlank, schnell, groß, leistungsstark und als muskulöser Kampfsportler das komplette Gegenteil der schaukelnden Landyachten. Obwohl es seine deutliche Patina kaum mehr ahnen lässt: Der Muscle war ursprünglich mal blau, ehe er vor gut sechs Jahren aus Idaho/USA in die Steiermark geholt wurde und eigentlich für die Quartermile aufgebaut werden sollte. Teilweise zerlegt und abgeschliffen wurde er bereits in den USA, aber letztendlich war er dem stolzen Besitzer dann doch zu schade zum Verheizen. DIE Chance für Daniel: Vor zwei Jahren kaufte der damals gerade 24-Jährige dem verhinderten Speedracer den motorlosen 440 ab und stellte ihn erstmal in seine Scheune. Der Rest ist schnell erzählt: Als Herz wurde mit Hilfe des österreichischen Mopar-Papstes Doc Stinger ein überholter 440 statt des originalen 318-cui- Motors eingepflanzt, der übrigens auch von einem guten alten Bekannten stammt: Kevin Erker, den wir kürzlich mit seinem 68er New Yorker vorgestellt haben, fungierte mit seinem reichhaltigen Fundus als Organspender.

Und wie das bei Transplantationen nun mal so ist: Original ist das Ganze nicht, aber es funktioniert astrein. Den 440-Motor gab´s erst ab 1966, aber das muss keinen stören. Ebensowenig die Optik: Wenn das Blech top ist und die Technik drunter so astrein wie bei Daniels Dodge, kann die Optik so mitgenommen  aussehen, wie sie will. Der Kenner weiß, was Sache ist und genießt, selbst den gestrengen österreichischen Pickerl-Prüfern klappte  zunächst die Kinnlade herunter, den begehrten Schein für seinen Patina-440 bekam Daniel aber ohne Schwierigkeiten. Der V8 Motor mit 7,2 Liter Hubraum mit rund 350 PS Leistung und 600 Nm läuft rund und schön, der Headman-Fächerkrümmer sorgt zusammen mit dem doppelflutigen 3“-Auspuff für satten Sound und eine Wilwood-Bremsanlage bringt die Fuhre verlässlich zum Stehen. Mit der momentan verbauten kurzen Übersetzung rennt der Dodge 180, wäre er lang übersetzt, käme er auf  gut 200 km/h. Den Schock seines Lebens erlebte Daniel im vergangenen Jahr auf dem Weg von der Arbeit nach Hause: Ein Stecker im Motorraum war feucht geworden und hatte sich Masse geholt. Um ein Haar wäre ihm die ganze Pracht abgefackelt, der Feuerlöscher konnte gerade noch das Schlimmste verhindern – das war um Haaresbreite noch mal gut gegangen. Geraume Zeit stand der 440 also wieder in der Mopar Garage, wartete auf Teile, die nicht lieferbar waren und baute auf Doc Stinger´s Fertigkeiten, die Kabel zur Not  selber zusammen zu basteln.

Und sonst? Daniel und sein Dodge sind nach aufwändiger Fast-schon-Resto mittlerweile wieder back on the road, dank drei verschiedener Kabelbäume klappt´s auch wieder mit der Bordelektrik. Wie immer, hat alles auch was Gutes: Daniels Wissen um die Geheimnisse amerikanischen Motorenbaus hat deutlich zugelegt. Überhaupt kann sich seine Erfahrung mit US-Cars sehen lassen, bereits mit 16 richtete er eigenhändig sein erstes Auto her, einen 74er Cherokee Chief. Prompt zahlte er sein erstes Lehrgeld, denn der angeheuerte Fachmann in Sachen Sandstrahlen erwies sich als komplette Katastrophe. „Das ging total schief, der hat die Scheiben und die Auspuffanlage gleich mitgestrahlt“, erinnert sich Daniel mit Schmerzen an das Desaster, „sogar die Scheibe hatte einen Sprung, als sei ein Stein reingeknallt.“ Da das Ganze unter der Hand lief, gab´s nicht mal das Geld zurück. Daniel heulte Rotz und Wasser, fuhr den geschundenen Jeep aber trotzdem, ehe er ihn nach acht Jahren für 1.500 Euro verkaufte. Heute wird das gute Stück übrigens von einem Wiener für 16.000 Euro angeboten – ohne nennenswerte Restauration. Soviel zum Thema Chuzpe, Gewissen und Wertsteigerung … Schwamm drüber!

In Daniels Fuhrpark folgten ein Cadillac STS, der „Einsteiger-Ami“ mit 4,9-l-Motor, darauf ein 79er Camaro, ein Chrysler 300C und schließlich der 63er Dodge. Als Daily Driver nutzt Daniel keinen Ami, sondern einen Mercedes C200. „Ich fahr´ halt viel“, meint er fast entschuldigend, „außerdem mag ich Mercedes. Ich würde auch einen Oldie fahren, aber die sind mir zu teuer.“ Im Übrigen fährt er in seinem Job bei Magna-Steyr an die 40.000 km pro Jahr und das wäre angesichts des Doppels Durst und Spritpreis mit einem Klassiker mehr als schmerzhaft. Der 440 steht frisch repariert, mit perfekter Technik und uneingeschränkt geliebter Patina-Optik in den Startlöchern für die neue Saison, bereit für coole Treffen mit anderen Petrolheads beim Nightcruising, beim Crocodile Meeting und für gemeinsame Touren mit den Jungs vom American Car Club Graz. „Viele Mopars auf einem Haufen, das ist das Größte“ schwärmt Daniel von seiner Leidenschaft, die ihn voll und ganz erfüllt. Sein 440 ist übrigens der einzige Survivor seiner Art in Österreich, sieht man mal von einem roten mit 318-Motor ab, der komplett durchrestauriert ist. Die Reaktion der Leute ist immer wieder der Hammer: Begeisterung pur vom Kleinkind bis zum Greis – wer braucht da schon einen neuen Anstrich …

Technische Daten

Dodge 440

Baujahr: 1963
Motor: V8
Hubraum: 440 cui/ 7.210 cm3
Leistung: 257 kW (350 PS)
Max. Drehm.: 600 Nm
Getriebe: 3-Gg. Shifter 
Antrieb: Hinterräder
L/B/H in mm: 5.131/1.943/1.397
Gewicht: 1.580 kg
Beschleunigung 0-100 km/h in 5,5 s
Top-Speed: 180/200 km/h
Gewicht: 2.039 kg

Text: Marion Kattler-Vetter, Fotos: Daniel Murgg

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