Leserauto: 1967er Pontiac GTO von Mike Hieber

Mit dem GTO hat Mike Hieber lange geliebäugelt. Genau so lange hat er nach einem im Originalzustand gesucht und ihn vor vier Jahren endlich gefunden. Aber der weiße 67er Pontiac ist nicht das einzige Pfund in Mikes Garage, da stehen auch noch andere Ikonen der 60er wie Mustang Fastback und Corvette Stingray. Sie ahnen es schon: Zeit für was Neues. Daher ist der coole Muscle frei für einen weiteren Car-Culturer

Alles hat seinen Anfang. Und auch wenn häufig einer behauptet, er habe dieses oder jenes erfunden, den ersten SUV, den ersten Mini-Van, das erste Coupé-Cabrio, gibt es doch Dinge, bei denen klar ist, wem die Ehre gebührt. Beispiel Musclecars, die die 60er-Jahre in den USA prägten und unstrittig auf den 1964er Pontiac GTO zurückgehen. Der basierte auf dem Tempest und war eher ein Versuchsballon, der damalige Pontiac-Chef Pete Estes war skeptisch, dass er sich wirklich verkaufen ließ. Zu Unrecht: Der Muscle wurde ihm vom jungen sportlichen Publikum aus den Händen gerissen. Den Namen soll John DeLorean beigesteuert haben, natürlich ein klarer Klau beim Lieblingsfeind Ferrari 250 GTO, der 1962 erschienen und schon damals Legende war. Auch wenn die meisten Amis mit der Abkürzung für „Gran Turismo Omologato“ wenig bis gar nichts anfangen konnten – es klang einfach saucool. Viele interpretierten GTO auch als „Gas, Tires, Oil“, andere wünschten sich „Girls Take Over“ …

Egal, welche Lesart: Das Ding ging wie die Pest! Mit 6,4-Liter-V8, Carter-AFB-Vierfach-Vergaser, 325 PS, Doppel-Auspuff, verchromtem Luftfilter, verstärktem Fahrwerk mit harten Stoßdämpfern und stärkerer Kupplung lieferte der „DschiiTiiOooh“ derart ab, dass den Gegnern bei den Musclecar-Wars Hören und Sehen verging. Ford, Buick, AMC, Plymouth und Chevy mussten sich warm anziehen, um einen Stich zu machen. Eine Motoren-Auswahl hatten die GTO-Käufer übrigens nicht. Bereits die erste Version besaß den größten Block, den Pontiac in ein Fahrzeug der Mittelklasse einsetzen durfte, 1967 kam der 6.560-Kubik-Motor mit einem weiteren Leistungsschub. Der GTO war das erste Serienfahrzeug, das gezielt für die Mann-gegen-Mann-Sprints gemacht wurde: Wer auf dem Drag gewann, war die beste Werbung für die Marke. Mit dem Pontiac war man auf der sicheren Seite, egal, ob auf der Quartermile oder im Driftrennen. Die lange Haube mit den drei Buckeln machte auch optisch was her: Zwei sind für die Zwangsbeatmung des Ram-Air-Systems zuständig, der dritte Buckel befindet sich direkt im Blickfeld des Fahrers und beherbergt einen Drehzahlmesser.

Spätestens das letzte Detail war ein Grund für Mike, den GTO in seiner Wunschliste ganz nach oben zu schieben und mit der Suche zu beginnen. Was leichter gesagt war als getan. Gute Exemplare zu finden, stellte sich als extrem schwierig heraus, unverbastelte Gute im Originalzustand zum fairen Kurs aufzustöbern als nahezu unmöglich. Aber das Schicksal meinte es gut mit dem Maniac aus Schwaben, der im hohen Norden einen 67er aufspürte, der sein Leben sowohl in den USA als auch in Hamburg in Sammlungen verbracht hatte. „Er stand in Buxtehude, als ich das gehört habe, klang das für mich wie Bullerbü“, grinst Mike, der weder dem Ort noch dem angeblich perfekten Angebot traute. Ein ausgesandter Gutachter bestätigte aber die vollmundige Anpreisung, und für Mike war klar: „Da muss ich hin.“ Auto? Zug? Natürlich Auto, gemeinsam mit einem Freund, der nach dem Erreichen der Hansestadt allerdings postwendend wieder den 700-km-Heimweg antrat.

Mike kam, sah und wusste: Das ist er! Der weiße GTO, ein original 242, präsentierte sich im tadellosen Zustand, die Ausstattung war überraschend komplett und es sah nicht so aus, als hätte der Muscle seine Jahre auf dem Dragstrip verbraten. „Den hat damals wohl eher ein Opa bestellt“, feixte Mike angesichts der vollen Hütte und nicht gerade sportlichen Lenkradautomatik. Auf den zweiten Blick ein cooles und sehr seltenes Detail, da normalerweise der Floorshifter verbaut wurde. Unterm Blech steckt ein nach Originalspezifikationen neu aufgebauter 400er-Motor von Spezialisten aus Texas, sämtliche Echtheitsbestätigungen inklusive. Mike schlug zu und machte sich auf die Heimreise gen Süden. Auf eigener Achse und mit einem flauen Gefühl im Magen, schließlich kannte er seine Neuerrungenschaft überhaupt nicht. Aber wie das mit echten Petrolheads so ist: Die wuchtige Präsenz des Muscle, das leistungsstarke Triebwerk, das fette V8-Bollern und das unbezahlbare Gefühl der Überlegenheit beim Ritt in den Sonnenuntergang schweißten die beiden zusammen, noch lange ehe Möglingen erreicht war – noch so ein Ortsname, der dem von Buxtehude kaum nachsteht …

Mike war im Glück: Der GTO ist tatsächlich ein Traumwagen. Und eine verdammt bequeme Kiste mit Platz und Komfort, Automatik und souverän agierendem Motor dazu. Der Empfang in der schwäbischen Heimat war einer Ikone würdig: Frau und Söhne waren begeistert, Mustang und Vette bekamen adäquaten Zuwachs, die Clique war fürs Erste komplett. In den letzten Jahren hat Mike gut 7.000 Euro investiert, „in ständige Verbesserungen des Originalzustands“, wie er betont. Als Perfektionist will er halt alles schick haben, die wunderschöne Patina und den Sammlerwert erhalten.

Mittlerweile steht ihm der Sinn nach was Neuem, ein C10-Pick-up vielleicht oder ein Charger. Die Frau verstehts, die Söhne nicht, vor allem der 8-jährige Youngster hat einen Narren am GTO gefressen und hadert mit Papas Entscheidung. Der allerdings trennt sich ohnehin nur von seiner Beauty, wenn ein echter Liebhaber kommt. Der darf dann auch mal Probe fahren, selbstredend nur bei ernsthaftem Interesse und trockenem Wetter. Anzunehmen, dass es dem Besitzer in spe genau so geht wie Mike in Buxtehude: kommen, sehen, kaufen.

Technische Daten Pontiac GTO

Baujahr: 1967
Motor: 6,5-l-V8
Leistung: 340 SAE-PS bei 5.000/min
Max. Drehmoment: 598 Nm/3.400/min
Getriebe: Turbo-Hydramatic-3-Gang-Aut.-Lenkradschaltung
0–100 km/h: 6,7 s
Vmax: 183 km/h
Leergewicht: 1.654 kg
Preis: 47.500 Euro

Text: Marion Kattler-Vetter, Fotos: Mike Hieber

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