Leserauto: 1969er Skoda 1000 MB von Thomas Hartmann

Als Leichtgewicht mit 800 Kilo und driftfreudigem Heckantrieb eignet sich der Skoda 1000 MB super für den Rallyesport. Aber er kann auch anders – Stichwort: Retro-Camping statt Van-Life. Thomas Hartmann hats ausprobiert und ist dem kleinen Tschechen mit Haut und Haaren verfallen

Einen Oldtimer zu restaurieren, der preiswert und trotzdem eine Rarität, sogar ein Exot, ist, war schon immer Thomas´ Traum. Als ihm – stilecht in Pilsen! – der Skoda 1000 MB über den Weg lief, fackelte er nicht lange, 2000 Euro bar auf die Kralle und es ging auf eigener Achse nach Hause. 73.000 km auf der Uhr, die Lenkung rau, der Sound selbstbewusst, Staub auf dem Haupt und Rost im Gewand – die kleine Heckschleuder war ein Volltreffer und aus der vermutet öden Kaffeefahrt wurde eine sportliche Offenbarung. Allerdings erwies sich der verbriefte Originalzustand als Fluch und Segen zugleich: Seit 1969 war nur das Nötigste gemacht worden, Wartungsstau an allen Ecken und Enden, einzig der Innenraum erschien auch nach über 40 Jahren noch neuwertig. Die Rostlöcher, die mit handelsüblichem Klebeband zugeklebt und mit dicken Schichten Unterbodenschutz kaschiert waren, verlangten dagegen eine ordentliche Portion Humor.

Auf Thomas wartete ein Großprojekt: Die vollständige Zerlegung des Fahrzeuges. Sein Tipp: Fotos von allen komplizierten Stellen machen, dann hat auch ein Hobby-Schrauber gute Chancen, das Auto wieder korrekt zusammenzubauen. Als Metallbauer und Konstruktionstechniker ist Thomas zwar nicht ganz unvorbereitet, doch wichtiger als alles Wissen ist die Leidenschaft, die Freude am Schrauben. Der Skoda mit seinem unkomplizierten Aufbau ist für Anfänger das ideale Objekt. Geht was zu Bruch, ist es kein Beinbruch, die Ersatzteile können für kleines Geld nachgekauft werden. Kurz die Eckdaten: selbsttragende, viertürige Karosserie, vorne Einzelradaufhängung an doppelten Querlenkern mit Schraubenfedern und Querstabilisator, hinten Pendelachse mit Längsschubstreben und Schraubenfedern sowie in die Federn integrierte Teleskopstoßdämpfer vorn und hinten. Trommelbremsen an allen Rädern.

Thomas zerlegte seinen 1000 MB in ein riesiges Blechpuzzle, nach und nach eroberten die Teile auch den häuslichen Wohnraum – von den heimlich in die Spülmaschine eingeschleusten Objekten ganz zu schweigen. Was in gutem Zustand war, wurde aufgearbeitet, um die Originalität zu erhalten, die Teile, für die jede Hilfe zu spät kam wurden entsorgt und ersetzt. Vermutlich ist das der größte Pluspunkt eines Skoda als Restaurationsobjekt: Die Ersatzteile sind unschlagbar günstig. Nur die Chromteile waren schwer aufzutreiben, weshalb Thomas die vorhandenen größtenteils wiederverwendete. Auch die Blechteile können eine Herausforderung werden, oft braucht es Geduld: Thomas fand die Objekte der Begierde bei Ebay und holte sie zum schmalen Kurs in Sachsen ab. Übrigens kein Zufall: Im Osten gibt es Teile für den Ost-Oldtimer in Hülle und Fülle. Da auch Thomas Teilelager mittlerweile aus allen Nähten platzte, gönnte er sich die Anmietung einer Restaurationswerkstatt, eine leerstehende Scheune, wo er befreit von Platzproblemen windgeschützt und ungestört werkeln konnte.

Mit Spachtel und Heißluftföhn rückte er den jahrzehntealten dicken Schichten Unterbodenschutz zu Leibe. Zum Vorschein kam Klebeband. Viel Klebeband. Darunter Rostlöcher, die Thomas mit Einschweißblechen fachmännisch verschloss. Hammer, Blechschere und Schraubstock genügen und mit einem zuverlässigen Schweißgerät wird der Unterboden zum Traum jedes TÜV-Prüfers. Mal nebenbei: Das Schweißgerät ist der Dreh- und Angelpunkt jeder Resto. Jeder, der schon mal einen Oldtimer aufgebaut hat, weiß, dass es überall Stellen gibt, die geschweißt werden müssen – auch da, wo man sie nun wirklich nicht vermutet hätte. Also beim Kauf nicht am falschen Ende sparen, wenn´s gut werden soll. Wer immer noch Zweifel hat, dass der Skoda der ideale Einsteiger-Restaurations-Oldie ist: Das geringe Fahrzeuggewicht ermöglicht den Aufbau ganz ohne Hebebühne! Ist alles abgeschraubt, lässt sich die blanke Karosserie aus eigener Kraft auf die Seite kippen …

Nach vielen Monaten war es soweit: Die Lackierung stand an, in typisch knalligem RAL-Rot und natürlich eigenhändig. Also Rostschutzgrundierung und Füller drauf, gut austrocknen lassen und: Auftritt Lackierpistole. Und das gleich in mehreren Schichten. Fertig? Nicht fertig. Vor die erste Ausfahrt haben die Götter den Schweiß gesetzt: den Zusammenbau. Mit neuen Edelstahlschrauben, neuen Gummischläuchen, Simmeringen und Dichtungen, frisch gereinigten Sitzen und gewienertem Innenraum war der Traum in Rot endlich vollendet: Thomas war im siebten Himmel. Und da fährt er immer noch herum, stolz wie Bolle und die überzeugende Antwort auf alle, die meinen, einen Oldtimer zu restaurieren wäre zu teuer, zu kompliziert und nur was für Betuchte. Alles falsch. Das richtige Auto, eine Menge Elan und Leidenschaft und Urvertrauen in die eigenen Fähigkeiten – dann klappts auch mit dem Klassiker.

Technische Daten

Skoda 1000 MB

Baujahr: 1969
Motor: Vierzylinder
Hubraum: 988 cm3
Leistung: 35 kW/48 PS
Beschleunigung: 0-100 km/h  in 16,4s
Vmax: 121 km/h
Drehmoment: 75 Nm
Antrieb: Hinterräder
L/B/H: 4.170 x 1.620 x 1.390 mm
Getriebe: manuell
Gewicht: 787 kg
Preis 1969:  4.400 DM

Text: Marion Kattler-Vetter, Fotos: Thomas Hartmann

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