Leserauto: 1986er Audi 80 Typ 81 von Nico Schmidt

Du hast einen braven Audi 80 mit vier Zylindern, träumst aber vom Fünfender? Wenns nach Nico geht, ist das kein Problem. Der Mann hat einen Weg gefunden, müden Coupés auf die Sprünge zu helfen

Gepackt hatte es Nico schon in jungen Jahren, als ihm ein infernalisches „WWWRRROOOAAAMMM“ aus dem Fernseher in die Glieder fuhr: eine Rallyeaufzeichnung aus den 80ern, die der Audi quattro nicht nur akustisch klar dominierte. Ohne es zu wissen, war das die Initialzündung für Nico, fortan ließen ihn die Fünfzylinderkracher von Audi, vor allem die der B2-Baureihen, nicht mehr los. Ein Buch vom verständnisvollen Papa mit dem Namen „Rallyemonster“ avancierte zur Bibel, kein Tag verging, an dem der Youngster aus dem Märkischen Oderland nicht von den Wahnsinnsvehikeln träumte.

Mit 16 bekam Nico einen Audi 100 Typ 43 geschenkt: nicht gerade im Top-Zustand, aber der erste eigene 5-Zylinder. Die ersten Fahrversuche – illegal, aber in dem 300-Seelen-Dorf noch möglich – waren vielversprechend und entfachten die Glut: Nico hatte Blut geleckt. „Mit 17 Jahren war ich dann stolzer Besitzer eines 85er Audi 80 Typ 81 Coupé mit Zweiliter-Fünfzylinder, den ich für genau einen Euro gekauft habe“, erzählt der Audi-Maniac, „bis zu meinem 18. Geburtstag hatte ich ihn TÜV-fertig.“ Bevor Nico seine neue Freiheit so richtig genießen konnte, zerschellte der eigenhändig realisierte Traum allerdings am Rücklicht eines vor ihm abbiegenden Fahrzeugs: Wut, Schweiß und Tränen, aber kein Grund, nicht wieder von vorne anzufangen.

Keine zwei Wochen später holte sich Nico ein 1983er Audi 80 Coupé, diesmal mit 2,2-l-130-PS-Fünfzylinder, und baute ihn auf das Nachfaceliftmodell von 1985 um, inklusive blauer Colorverglasung, FK-60/40-Fahrwerk, Felgen in RC und vollen Ornats. Das Coupé begleitete ihn zehn Jahre, bis Nico sich aufgrund einer beruflichen Veränderung von ihm trennte. Apropos Beruf: Natürlich steht handwerkliches Geschick auch hier im Vordergrund, zunächst bei der Tischlerlehre, dann als Berufsschullehrer für Holztechnik. Die Metallbearbeitung eignete sich Nico an der Metallbauschule an – erfolgreich, wie man sieht, denn bis auf wenige Dinge schraubt Nico ausschließlich selbst. Zudem entwickelte er ein genial einfaches Drehgestell, das es Schraubern ermöglicht, bequem und übersichtlich zu arbeiten, ohne auf dem Boden kriechen zu müssen. Das Ding kam so gut an, dass Nico inzwischen eine Bauanleitung herausgibt („).

Den Verkauf seines 2,2-l-Coupés bereute er allerdings recht schnell, der zwischenzeitlich gefahrene Polo war keine Erfüllung. Also kam ein weiteres 80 Coupé ins Haus, diesmal mit Vierzylinder. Oh Mann! „Jeder, der vom 5-Zylinder-Fieber infiziert ist, weiß, dass nur ein 5-Zylinder ihn heilen kann“, das war Nicos späte Erkenntnis, die in einen genialen Plan mündete. Warum nicht das Coupé von vier auf fünf Zylinder umbauen? Gesagt, getan. Während der Vorbereitung für den Umbau fiel ihm noch eine 4-türige Typ 81 Limo in die Hände, humpelnd auf der Hinterachse, aber mit einem ganzen Anhänger voller Teile dabei. Erst sollte sie nur als Organspender dienen, doch die Karosserie war noch so gut, dass Nico umdisponierte und erst mal mit dem 5-Zylinder-Umbau in der Limo anfing.
Das Ganze mündete in eine Komplettrestauration: Der 1986er 1,6-Liter bekam den Fünfzylinder aus einem 1988er Typ 89, inklusive Umbau auf Audi-90-Optik, H&R-Fahrwerk mit Koni-Dämpfern und Lenso-BSX-Felgen in 9×16 ET 20 mit 215/40 R 16. Nach zwei Jahren Bauzeit erfolgte die Vollabnahme, dank fortwährender Einbeziehung der Prüfer ohne Probleme. Somit ist der Vierte vor dem Dritten fertig, aber das Jahr ist noch nicht vorbei und Corona verschafft viel Zeit zum Basteln: Das 86er 1,8-l-Coupé mit Umbau auf einen 10V-Turbo aus dem Audi 200, KW-Gewindefahrwerk Variante 3 und Lenso BSX in 9×16 ET 20 mit 215/40 R16 ist in Arbeit.

Nico wäre nicht Nico, wenn er nicht längst weitere Projekte auf der Pfanne hätte. Dem Lehrerdasein hat er mittlerweile den Rücken gekehrt. „Das Bildungssystem ist renovierungsbedürftig“, meint er ein wenig desillusioniert. Außer seiner Homepage und dem intensiven Austausch mit umbauwilligen Vierzylinderbesitzern plant der Oldtimerliebhaber die Vermietung von Klassikern. „Wie mir geht es vielen anderen“, meint Nico, „klassische Fahrzeuge stellen manches moderne Auto in den Schatten.“ Um allen den Genuss einer Klassikerfahrt zu ermöglichen, baut Nico gerade eine kleine, feine Vermietung auf. Mit von der Partie sind die Limo, das Coupé, ein Käfer und irgendwann hoffentlich Nicos Traum, der Urquattro. Alle eigenhändig restauriert, versteht sich. „Mir geht es nicht ums Geld“, meint der Philanthrop, „Klassiker haben Herz und Seele, die müssen weiterleben.“ Wo er recht hat, hat er recht …

www.audityp81.de

Technische Daten Audi 80 Typ 81 Umbau auf Typ 89

Baujahr: 1986
Motor: Fünfzylinder Reihe
Hubraum:  2.30ß cm3
Leistung:  98 kW/133 PS
Drehmoment: 186 Nm bei 4.000/min
Antrieb:  Vorderräder
L/B/H:  4.480 x 1.700 x 1.410 mm
Gewicht: 1.250 kg
Beschleunigung: 0-100 km/h: 9,8 s
Top-Speed: 200 km/h

Text: Marion Kattler-Vetter, Fotos: Nico Schmidt

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