LESERAUTO: Hans-Jürgen Bart und sein 1969er Dodge Coronet Super Bee

Muscles sind der Inbegriff automobiler Machos. Doch zuweilen kommen die harten Kerle ganz versöhnlich daher, mit Schleifchen ums Heck und Comic-Biene im Grill. Dass das Ganze sich noch des weiblichen Genus bedient, macht das Täuschungs-manöver perfekt. Aber Vorsicht: Die Super Bee von TRÄUME WAGEN Leser Hans-Jürgen Bart ist ein Mopar reinsten Wassers

Mopars, entstanden Ende der 50er-Jahre, benannt nach der Motor Parts Company, die alle Tochterfirmen im Chrysler-Konzern mit Teilen versorgte, meint alle Dodge und Plymouth mit B-Body der Jahre 1962 bis 1974. Dazu gehören Plymouth Belvedere, Satellite, GTX, der legendäre Road Runner, natürlich die Dodge Coronet und Super Bee sowie der kultige Charger. Mopars wurden in kleineren Stückzahlen produziert als die GM- oder Ford-Modelle und waren eher auf Rennen und Streetbattles ausgelegt als für gemütliche Sonntagsfahrten. Wer ein echtes Beschleunigungs-wunder wollte, ging zu Dodge, Chrysler oder Plymouth und bestellte sich seinen Muscle mit dem legendären 426 Hemi-Motor, der fast baugleich mit dem  aus der NASCAR-Serie war. Der Coronet wurde 1965 eingeführt, bekam schon 1966 ein neues Aussehen und wurde 1967 erneut umstrukturiert.

1968 wurde die Konkurrenz für den Plymouth Roadrunner eingeführt: Die Super Bee, eine bescheidenere Version des Coronet, die als günstiger Viertel-Meilen-Renner herhalten sollte. 68er Bienen sind „Pfosten-Autos“ mit B-Säulen, eine Andeutung von echtem Rennsport, ausgeliehen vom GTO, leider fallengelassen für 1969. 1970 erhielt die Super Bee eine neue Frontpartie mit hälftig geteiltem Chromrahmen, den „Bumble Bee Wings“ (Hummelflügel), die bei den Kunden aber auf wenig Gegenliebe stieß und despektierlich als „Brillen-Mopar“ abgetan wurde. Dennoch, oder besser deshalb, zählen die 70er Bees zu den erkennbarsten Muslce Cars überhaupt. 1971 kam die letzte Super Bee – ein gänzlich anderes Auto mit gleichem Namen, welches Strenggläubige rundweg nicht zur Kenntnis nehmen.

Soviel zur Geschichte. Die Story von Hans-Jürgen ist ähnlich bewegt und geprägt vom absoluten Gehör. Der Oberösterreicher, Profi-Drummer, der nicht nur im Alpenstaat eine richtig große Nummer ist und vom schillernden Conchita Wurst bis zu großen Bands den Rhythmus vorgibt, verfiel – wen wundert´s – bereits in jungen Jahren dem betörenden Sound grollernder Achtzylinder US-amerikanischer Provenienz. Die Ära der Musclecarwars hat es ihm angetan, der Musik-Maniac legte eine Art Mediathek mit zahllosen Soundclips und Videos an, sammelte Liveeindrücke auf US-Car-Meetings und landete recht schnell bei Mopars –  Bigblock natürlich Pflicht!

Es war wohl 2012, als er sich ernsthaft dem US-Car-Wahnsinn hingab. Der damals 24-Jährige setzte alles daran, für möglichst kleines Geld den erträumten Chevy Camaro der 1. Generation oder – noch besser, weil in Europa seltener und damals billiger – eine 71er Chevelle mit Bigblock zu finden. Doch gleich beim ersten großen US-Car-Treffen in Oberösterreich traf ihn der Blitz: Zum ersten Mal im Leben stand Hans-Jürgen einer 70er Dodge Super Bee in PlumCrazy Violet gegenüber… Damit war alles klar: die geduckte breite Form, nicht zu klein, nicht zu groß, der fette Sound des Bigblocks, Mopar B-Body… nichts anderes kam mehr in Frage. Hans-Jürgen suchte. Machte Musik. Und suchte. Tourte mit Electroswing-Pionier Parov Stelar durch Europa. Und suchte. Malträtierte sein Bubinga-Set und die dicken Becken. Und suchte. In vier Jahren fuhr er fast 10.000 km, um dicke Bienen zu besichtigen, ließ zwei Autos in den USA „3rd party“ begutachten, stand auch einmal nur eine Unterschrift vom Eigenimport entfernt, bis ihn dann doch der Mut verließ.

Fündig wurde Hans-Jürgen endlich Anfang 2016: gerade mal 200 km von seinem Zuhause entfernt, bei einem Händler in der Nähe von Wien! Das Objekt der Begierde: eine 69er Super Bee mit  Matching Numbers, original 383-4 Barrel Bigblock und 727 Automatikgetriebe. Die Biene ist ein Mix aus Original und Resto, sogar der original Carter AVS Vergaser ist noch erhalten und die ganze Pracht wurde in der Originalfarbe T5- Copper neu lackiert – laut „Super Bee Registry“ eine von dreien, die in dieser Kombination von Farbe und Ausstattung in der „Lynch Road-Plant“ vom Band gerollt sind. Das Auto stammt aus Utah, Hans-Jürgen ist Erstbesitzer in Europa und der Hammer ist, dass ihm das Auto bereits lange zuvor im Internet aufgefallen war. Es stand damals in Nevada zum Verkauf, der Mut reichte jedoch nicht aus, ihn blind zu kaufen.

Aber jetzt! Exakt zu seinem 28. Geburtstag machte er sich selbst das schönste Geschenk: Eine Wucht-brumme, die alles andere in den Schatten stellt. Der Wagen war im guten, bereits restaurierten Zustand, was 2-3 Jahre vor dem Verkauf in den USA gemacht wurde. Hans-Jürgen hatte Glück: Statt der in den USA häufig anzutreffenden Schnellretuschen mit einem Haufen Polyesterharz wurde bei dieser Restauration viel Wert auf Originalität gelegt. Das Wertgutachten nach den erforderlichen Umbauten für die Österreich-Zulassung ergab eine gute 2-. Seitdem sind nur die üblichen Erhaltungsarbeiten nötig, bei denen Vater und Bruder dem vielbeschäftigten Drummer willig assistieren. Und die Biene brummt, nimmt bei Bedarf auch mal die Schießbude ihres stolzen Besitzers auf, wird bevorzug bei trockenem Wetter bewegt und muss ab 22 Uhr die Klappe halten: Dann ist der bullige Sound für die Nachbarn keine reine Freude mehr. Und als rücksichtsvoller Ösi will man es sich mit seinen Landsleuten schließlich nicht verderben …

Wenn die Gigs es zulassen, stehen so viele US-Car-Treffen und Messen wie möglich auf dem Programm, wo das seltene Exemplar gehörig bestaunt wird: Hans-Jürgens Bee ist neben zwei 70ern die einzige angemeldete 69er im Alpenstaat. Langweilig wird’s dem Drummer mit ihr noch lange nicht, der ursprüngliche Wunsch nach Camaro und Chevelle, vielleich noch einem 66er Ford Fairlane GTA oder einem 67er Plymouth Satellite „Sleeper“, liegt erst mal auf Eis. „Die Super Bee ist ein Wahnsinns Auto, das richtig Spaß macht“, so das Fazit des Mopar-Fans. Womit er Recht hat. Ein wenig Bee war noch nie verkehrt …

TECHNISCHE DATEN

Dodge Coronet Super Bee Hardtop

Baujahr: 1969
Motor: 383cui (6,3L) HP Magnum Bigblock
Getriebe: Chrysler Torque Flight 727, 3-Gang Aut.
Antrieb: Hinterrad mit Sperrdifferenzial
Leistung: 335 hp / 340 PS
Max. Drehmoment: 576 Nm
Beschleunigung 0-100 km/h: 6,8 s
Vmax: ca.180 km/h

Text Marion Kattler-Vetter, Fotos: Gerd Schneider