Leserauto: Lamborghini Diablo von Rickard Fritz

Rickard ist ein Petrolhead reinsten Wassers. Weichgespülte Supercars interessieren ihn nicht, es muss schon laut, hart und authentisch sein. Neben seinem Lamborghini Diablo mischt der Schwede das Land der Elche auch mit diversen Lotus und einem Elfer auf. Alles, nur nicht glutenfrei …

Wer den „Zirkelbach Rekordwagen“ kennt, kommt den Wurzeln von Rickards Autobegeisterung schon ein gutes Stück näher. Als „Schwedens schnellstes Streetcar“ wurde der aufgemotzte Porsche 911 mit Riesenturbo, Riesenkühler und breitem Hintern 1987 als „935 Slant Nose“ angepriesen, gebaut vom legendären schwedischen Tuner Josef Zirkelbach. Mit 315 km/h hatte die Flunder eine Performance, die heute noch atemberaubend ist – und den kleinen Rickard damals schwerst beeindruckte. Die Liebe zu sportlich ausgelegten Autos blieb, als ersten Wagen fuhr Rickard einen Porsche Boxster, dessen Motor ihm allerdings weniger gefiel – nach nur fünf Monaten trennte er sich von dem guten Stück. Was folgte, ist kaum mehr zu zählen, erwähnenswert sind diverse Lotus, von denen er heute noch zwei Esprit S3 und einen Europa besitzt, rund 25(!) Porsche vom Boxster bis zum 928, von denen sich ein Elfer in den jetzigen Fuhrpark retten konnte, in dem außerdem zwei Jaguars der letzten XK-Generation stehen sowie ein noch zu restaurierender Ferrari 308. Ach ja, und ein 92er Lambo Diablo VT. Klar soweit? Ehe blanker Neid aufkommt: Rickard ist nun mal ein Maniac, wie er im Buche steht, er liebt klassische Autos, Maschinen und Motorräder, restauriert, fährt und genießt sie – und ganz selten verkauft er auch mal einen.

Als Techniker bei Krauss-Maffei ist er mit großen Maschinen vertraut, möglich, das der Hang zur puren, kompakten Technik als Kontrastprogramm fungiert. Auf seinen gut gepflegten Social-Media-Kanälen postete er kürzlich sozusagen die Quintessenz seiner Leidenschaft für echte Autos: „Es gab mal eine Zeit, ehe die Welt glutenfrei wurde, als Rennwagen noch nicht von Lewis Hamiltons gefahren wurden und die Typen in München noch Autos mit normal großen Kühlergrills bauten ….“

Zur Leidenschaft für unverfälschte klassische Technik gesellte sich neben dem Flügeltürer-Benz und dem Ferrari F40 früh der Traum von einem Lamborghini. Kein schwellender Countach. Kein aalglatter Murciélago, sondern ein rasiermesserscharfer Diablo VT, der allradgetriebene Roadsterteufel aus Sant´Agata, der 1990 als eines der stärksten Autos dieser Welt präsentiert wurde. Mit seiner exzentrischen Karosserie wirkt er wie von einem anderen Stern. Während der nüchtern gestaltete Vorderbau bis zu den Rädern zeitlos wirkt, verbreitern sich die Flanken bis zum Heck jeweils um gut 20 Zentimeter. Mit seinem dramatisch gestalteten Hintern stemmt der Diablo dem Fahrtwind mehr Lufteinlässe als Blech entgegen und endet in riesigen Luftschächten. Die Schwingtüren und das Roadster-Dach unterstreichen die provokante Optik, die in den Himmel ragenden Türen signalisieren klar und deutlich: Achtung, Lambo vor dem Abflug.

Rickard, seiner Leidenschaft folgend regelmäßiger Gast bei einschlägigen Messen, traf auf der Bremen Classic Motorshow vor zwei Jahren auf das Objekt seiner Begierde: Breit, schwarz, stark stand er im Rampenlicht, ein 92er Diablo mit seltener heller Lederausstattung, ein Anblick, der Rickard den Atem raubte. Zum Glück war sein Kumpel dabei, der ihn auffordernd in die Seite puffte: „Da steht er, dein Traumwagen. Auf was wartest du noch?“ Rickard zögerte, so eine Ikone kauft man ja nicht eben im Vorbeigehen. Es folgten tiefsinnige Gespräche bei ein paar Bier, eine unruhige Nacht, ein hastiges Frühstück und ein erneuter Besuch der Messe. Halb zog es ihn, halb sank er hin und letztendlich gaben das Drängen des treuen Freundes und ein ordentlicher Mutmach-Whisky den Ausschlag: Deal! Einen Monat später stand der heiße Italiener vor der schwedischen Haustür, Rickard konnte es kaum fassen. Corona zum Trotz düste er in einem Sommer 7.000 Kilometer mit dem Teufelsbraten durch Schweden, verbrannte rund 4.000 Liter Sprit und genoss die Freuden des mächtigen V12 mit allen Sinnen. Schon ab 2.500/min zieht der Motor in allen fünf Gängen locker an und lässt in Richtung 7.000 die Trompeten von Jericho ins von hinten offene Cockpit dröhnen. 330 Spitze, ein Sound zum Niederknien, ein Roadster wie er sein muss – der nächste Sommer kann kommen.

Bleibt die Frage, was mit den anderen Schätzchen in Rickards Garage passiert? Die Qual der Wahl muss ja unendlich sein … Der Meister sieht es eher pragmatisch: „Ich fahre immer nur einen oder zwei pro Jahr, in diesem Sommer sind es der Lambo und ein Lotus, im nächsten Jahr werden es der Ferrari und ein Lotus sein.“ Als Daily Driver fährt der Familienvater übrigens einen BMW touring und damit es nicht gar zu eintönig wird, sind auch die beiden Jaguars am Start. Vor allem  das 4-Sitzer Cabrio kommt bei der Tochter gut an, Sohn und Gattin haben mit Autos dagegen weniger am Hut. Rickard akzeptiert´s und macht seine Pläne. Als Highlight steht eine Gran-Turismo-Tour durch Deutschland und Polen mit 150 anderen Supercars an, selbstredend mit dem Lambo. Die wilden Track-Zeiten sind vorbei, Rickard hat genügend Erfahrung beim Porsche-Cup und in Lotus-Rennen gesammelt, dafür ist ihm der Diablo einfach zu schade. 330 Spitze? „Das geht auch in Schweden“, grinst der Petrolhead spitzbübisch, „natürlich nur, wenn die Polizei schläft …“ Bleibt zu hoffen, dass außer der Polizei auch die Elche schlafen. Dann steht dem freien Lauf der knapp 500 Pferde wirklich nichts im Weg …

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Technische Daten Lamborghini Diablo VT

Baujahr: 1992
Motor: V12
Hubraum: 5.703 cm3
Leistung: 362 kW (492 PS)
Max. Drehm.: 580 Nm bei 5.200/min
Getriebe: 5-Gg. manuell 
Antrieb: Allrad
L/B/H in mm: 4.460/2.040/1.110
Gewicht: 1.625 kg
Beschleunigung 0-100 km/h: in 4,4 s
Top-Speed: 325 km/h
Preis 1992:  390.000 DM

Text: Marion Kattler-Vetter, Fotos: Mario Klemm

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