Leserauto: Lunkan Lundqvist und sein 67er Chevrolet Chevelle SS

Er liebt Hunde und Katzen, ein kühles Bier, coole Tattoos, seine bessere Hälfte und Smokey Yunick. Der längst verblichenen NASCAR-Legende widmet Lunkan sozusagen sein Leben. Mit seinem beinharten 67er Chevelle SS ist der Schwede der amerikanischen Motorsportlegende schon sehr dicht auf den Fersen

Die Schweden und ihre Amis … Was sich in den 50er, 60er Jahren anbahnte, mutierte inzwischen zum Kult. Gemessen an der eher spärlichen Bevölkerung von gerade mal 10 Mio Einwohnern ist die Dichte an fetten US-Klassikern schwer beeindruckend. Das Power Big Meet in Vesterås? Legendär. Der Nachfolger in Lidköping? Kein bisschen weniger emotional. Wenn gut 200.000 Gearheads und rund 17.000 US-Klassiker zusammenkommen, kann man sich leicht vorstellen, was da abgeht, auch wenn es in diesem Jahr – nach zwei Jahren Corona-Pause – „nur“ 8.000 Fahrzeuge waren, die das Hovby Airfield rockten. Sechs Reihen dicht an dicht geparkter Klassiker über eine Strecke von zwei Kilometern, dazu ein Riesenangebot an Teilen, Zubehör und Gimmicks – alles klar?

Dauergast nicht nur bei diesem Event ist Anders ”Lunkan” Lundqvist. Wobei „Gast“ eher untertrieben ist: Mit seinem 67er Chevelle ist der Schwede fester Bestandteil der Show-Acts, bekannt wie ein bunter Hund und wer auch nur im Entferntesten was mit Tunig, Burn-outs und fetter Show am Hut hat, kennt den schwarz-goldenen SS mit der Nummer 13. „Ich war glaube ich noch nie bei einem Treffen, wo ich keinen Burn-out abgeliefert habe“, konstatiert der gemütliche Musclecar-Dompteur – und Burn-out darf durchaus wörtlich genommen werden. Wenn Lunkan seinen heiser grollenden, vor Kraft schüttelnden SS in Position bringt, ahnt man schon, was kommt, aber trotzdem fegt es einen schlicht weg. Explosionsartig schießt der Chevelle nach vorne, zu sehen ist eine gewaltige Wand aus Qualm und Staub, die Hinterräder scheinen sich zu pulverisieren, die Ohren haben längst kapituliert und erst, wenn Lunkan ein paar hundert Meter weiter zum Stehen kommt, lichtet sich der Nebel und die fünf Sinne funktionieren wieder. Hammer!

Allen Durchdrehern, die mit ähnlichen Ambitionen lediglich verbranntes Gummi produzieren, zum Trost: In dem beeindruckenden Schauspiel stecken 16 Jahre Erfahrung und harte Arbeit, solange nämlich besitzt Lunkan seinen SS schon. Ursprünglich ein nicht gerade schwachbrüstiger, aber originaler 67er Chevelle SS, mutierte der schwarze Teufel dank Lunkans Knowhow zum King of Muscles. Vor Augen hatte er stets sein  großes Vorbild Henry „Smokey“ Yunick, der tief in die frühen Jahre von NASCAR involviert war, als Mechaniker, Rennfahrer und Crew-Chef die 50er-Jahre aufmischte und „Smokey’s Best Damn Garage in Town“ in Daytona Beach, Florida, betrieb. Mit dem Sieg bei der Daytona 500 Anfang der 60er wurde der eigensinnige Schrauber zur Legende und später in über 30 Halls of Fame weltweit aufgenommen. Yunick setzte sich gerne mal über Regeln hinweg, ließ sich aber selten dabei erwischen.

Sein Chevelle SS mit der Nr. 13 von 1966 war während der Tests so viel schneller als die Konkurrenz, dass alle sicher waren, da sei was faul. Bis man dahinter kam, dass Yunick das Dach und die Fenster abgesenkt, den Boden angehoben und die Kraftstoffleitungen vergrößert hatte, ging einige Zeit ins Land – letztendlich war es den NASCAR-Beamten wohl peinlich, dass sie die Tricks nicht gleich durchschaut hatten. Yunick verwendete auch versetzte Chassis, Doppelböden, Dachspoiler, Lachgas-Einspritzung und anderes, was nicht unbedingt im Sinne des Regelwerks war, beirren ließ er sich aber nicht. „All diese anderen Typen haben zehnmal schlimmer betrogen als wir“, meinte er, „also war es nur Notwehr.“

Ist es ein Wunder, dass sich Lunkan von dem Freigeist inspirieren ließ? Seinen SS hat er exakt im Sinne Yunicks aufgebaut, „eine Replica von der Nr. 13“, vermeldet er stolz. Um nur die wichtigsten Modifikationen zu nennen: Gepimpt hat Lunkan den von Haus aus sehr stabilen 427-cui-V8-Smallblock des 67ers mit einem DART SHP Chevy Raceblock, verstärkten Eagle Kurbel- und Nockenwellen, Mahle Kolben, Edelbrock Ansaugung und  Edelstahlauspuff, Holley 950 Doppelvergaser, Weihand Wasserpumpe, 350er Schaltgetriebe, Dana Achsen, Lamellen-Diff und QA1 Stoßdämpfer. Alles? Noch lange nicht: 4-Kolben Wilwood Bremsen halten die Fuhre im Zaum, 17-Zöller vorne und hinten sichern Bodenkontakt und zuguterletzt wurde das Gewicht auf 1400 kg gesenkt, da alles Unnötige rausflog. Ein Sicherheitskäfig schützt Lunkan und eventuelle Copiloten, im Übrigen ist der Mann aus Valbo stolz darauf, die Optik seines Racers exakt am Original zu halten. Die Sitze sind authentisch, der schwarze Lack hat 55 Jahre auf dem Buckel und alle Aufkleber, alle!, wurden von Lunkan höchstselbst an den von Yunick vorgegebenen Stellen platziert, genau wie die goldene Aufschrift. Leistungsmäßig kann Lunkan mit seinem Vorbild mithalten: Lockere 685 Pferdchen schüttelt sein SS aus dem Ärmel, und auch die 810 Nm sind der Vorgabe würdig.

„Gut, dass die Saison endlich wieder läuft“, freut sich Lunkan auf viele spektakuläre Burnouts, bei denen der staunenden Menge Hören und Sehen vergehen wird. Und wenn er mal nicht durchdrehen will, steigt er in einen seiner anderen 50er-Jahre US-Klassiker, Kombi. Limo – alles da. Eine gewisse Auswahl muss schon sein …

Technische Daten

Chevrolet Chevelle SS

Baujahr: 1967
Motor: V8
Hubraum: 427 cui/ 6.997 cm3
Leistung: 504 kW (685 PS)
Max. Drehm.: 810 Nm
Getriebe: 4-Gg. manuell
Antrieb: Hinterräder
Gewicht: 1.400 kg
Beschleunigung: k.A.
Top-Speed: k.A.
Preis: unbezahlbar

Text: Marion Kattler-Vetter, Fotos: Mario Klemm (www.marioklemm.com)

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