Chery Chery Lady – Oliver Krügers Ex-Dieter-Bohlen Dodge Viper


Chery Chery Lady – Oliver Krügers Ex-Dieter-Bohlen Dodge Viper

 

Oliver Krüger besitzt nicht irgendeine Viper, sonder die Ex von Popgigant Dieter Bohlen. Grund genug, Jeronimo’s Cadillac – ääääh – Krügers Chrysler zu entern und amerikanisch-deutsche Subkultur zu genießen

Es wäre der schönste Einstieg in diese Geschichte, wenn wir jetzt behaupten würden, wir wüssten, warum der junge Dieter Bohlen bei Auftritten mit Modern Talking I immer so übermäßig gegrinst hat: Er muss wohl in seiner roten Chrysler Viper zum Take gekommen sein. Denn eine Fahrt in der Ur-Viper sorgt für überaus positive Gesichtszüge.

Wer sich mit den Hoch-Zeiten des Pop-Titanen und den Baujahren der Viper jedoch etwas genauer auskennt, würde den Schmu sofort erkennen: Bohlen und Thomas Anders hauchten sich erstmals von 1983 bis 1987 durch den Äther und spalteten die Radiohörer paritätisch in sofort in Narkose fallende Gegner einerseits und nicht genug bekommende Fans andrerseits. Die Viper kam erst 1992 auf den Markt, und Herr Bohlen kaufte sein (gebrauchtes) Exemplar erst im Jahr 2001. Schade eigentlich um den schönen Einstieg. Aber es gibt einen kleinen Trost: Bohlen grinste mit Modern Talking II noch mal – und zwar von 1998 bis 2003. Tatsächlich kaufte er den amerikanischen Roadster namens RT/10 im Jahr 2001.

 

Sexy, sexy lover

Das deutlich extrovertierte Auto passte bestens zum deutlich extrovertierten Bohlen, der sagte, was er dachte und fuhr, was auffiel. Die passende Kohle dazu hatte sich das musikalische Vermarktungsgenie aus Tötensen verdient, indem er einen Gassenhauer nach dem anderen (oder den anderen nach dem einen, so genau war das bei der Ähnlichkeit der Songs nicht genau zu verifizieren) heraushaute. Egal, ob man ihn und seine Produkte mag oder nicht: Der norddeutsche Tausendsassa komponierte sich zum Multimillionär hoch.

Tatsächlich wurde der Dieter das eine oder andere mal in seinem Zehnzylinder-Ami gesehen, auf dem Beifahrersitz seine damalige Gespielin Estefania Küster. Doch irgendwann war ihm die Auffälligkeit wohl zu viel (also die mit der Viper – vielleicht aber auch die mit der Küster) und zumindest die Viper verkaufte er. Die Chery Chery Lady landete bei einem Händler in Dänemark. Just da fand sie der technische Angestellte Oliver Krüger, der nur eine gute Handvoll Kilometer entfernt von Bohlens Villa residiert. Und kaufte sie.

Krüger (4) war bislang überzeugter Teil der Käfer und Golf-Szene, suchte aber zur Abwechslung mal nach einem Porsche 911, einem G-Modell. „Ich begriff sehr schnell: Da ist zu viel Schrott unterwegs,“ sagt der Schrauber, „und zu dem damaligen Zeitpunkt stolperte ich über eine Kaufberatung in Sachen Viper. Das Fazit: Der Ami ist solide, technisch unkompliziert und kann wegen der Glasfaserkarosserie nicht rosten.“ Er suchte im Internet und fand die Bohlen-Hinterlassenschaft – mit jungfräulichen 23.000 Kilometern auf der Uhr. Gut erhalten – neben dem Beifahrersitz ein Haarband, im CD-Player eine original signierte Scheibe „Back For Good“ von 1998. Mehr Bohlen geht nicht.

Brother Louie

Dass es dieses Dodge-Modell (in Deutschland als Chrysler vermarktet) überhaupt gab, war Chrysler-Präsident Robert Lutz zu verdanken. Mit Hilfe von Designchef Tom Gale entstand Ende 1987 ein Concept-Car, das die goldene Zeit der Muscle-Cars wieder aufleben lassen sollte. Man versicherte sich der Hilfe von Carroll Shelby, dem Vater der Shelby Cobras. Der war dann stark involviert in der Entwicklung des Serienautos namens Viper RT/10 („Road and Track, 10 Zylinder“). Die ersten Exemplare kamen 1992 auf den Markt, das Coupé namens GTS komplettierte kurze Zeit später das Angebot. Insgesamt sollen gut 10.000 RT/10 entstanden sein und mehr als 7000 GTS.

You’re my heart, you’re my soul

Krügers rotes Exemplar (es gab die Viper anfangs nur in rot, blau und schwarz) stammt aus dem Jahr 1994. Herzstück ist ein Achtliter-Zehnzylinder, dessen Block aus dem Lkw-Bau stammt, der aber feingetunt wurde von der damaligen Chrysler-Tochter Lamborghini. Wobei „feingetunt“ relativ ist: keine Vierventiltechnik, keine doppelte Nockenwelle – aber genau das lässt Kraft auch bei niedrigen Drehzahlen zu. Zudem ist dieser Aufbau kostengünstiger in der Herstellung und sorgt für eine niedrigere Geräuschkulisse.

Geschaltet wird über einen Sechsganghandschalter, dessen Knüppel auf einer extrem breiten Mittelkonsole thront. Daneben steht der große Handbremshebel – ansonsten birgt das Cockpit keine Überraschungen. Die Tachoskala geht bis 320 km/h, der rote Drehzahlbereich beginnt bei 6000 Umdrehungen. Das Gestühl ist mit Leder überzogen, der Rest ist eine große Plastiklandschaft – amerikanisch eben.

Das Auto ist mit seinem Steckscheiben und dem serienmäßigen Notverdeck als echter Roadster konzipiert, die Türen haben außen nicht einmal Griffe oder Schlösser. Zum Einsteigen muss man die Innengriffe benutzen – falls Dach und Scheiben montiert sind, kann man durch einen Reißverschluss in der Seitenscheibe den Griff erreichen. Die Gurte führen von innen nach außen, und als pure Fahrmaschine fehlen der Viper nicht nur Traktionskontrolle, sondern auch ABS und Airbags (immerhin gibt es Servolenkung und Bremsunterstützung). Die Originalfelgen sind kugelpoliert, was auf eine Sonderbestellung bei Erstkauf hinweist.

Eigentlich ist alles auf Fahrspaß ausgerichtet, inklusive serienmäßigem Koni-Fahrwerk und Brembo-Bremsen. Unerklärlich ist die Tatsache, dass Krügers Bohlenviper zwar ein offizieller Deutschland-Import ist (Warnaufkleber auf deutsch, ebenso die Bedienungsanleitung), sie besitzt aber die damals eigentlich nur in Amerika erlaubten Sidepipes. Importe mussten normalerweise auf die übliche Führung der Abgasanlage umgerüstet werden.

You can win, if you want

Wie Bohlen seine Viper behandelt hat, ist nicht überliefert, Krüger jedenfalls lässt es gemütlich angehen. „Ich nutze den Wagen zum Cruisen und fahre gern zu Autotreffen,“ sagt er und ist froh, sich dort nicht mit dem 20. Porsche 911 irgendwo einzureihen und nicht aufzufallen. Gern gesehen ist er auch beim Club 400+ – auch wenn sein Wagen laut Kfz-Schein nur 394 PS besitzt. Der Motor grollt leicht, nervt aber nie – tritt Krüger aber trotzdem mal das Gaspedal durch, rennt der immerhin knapp 1,6 Tonnen schwere Zweisitzer mächtig los. Ampelrennen zu gewinnen wäre bei einem möglichen Sprint von 5,1 Sekunden auf 100 km/h kein Thema, aber das liegt Krüger fern. Und das nicht nur deswegen, weil die Viper gerade auf der Hinterachse als sensible Zicke gilt, erst recht bei Nässe.

Fährt Krüger mal nicht, freut er sich über seinen Schrank voller Viper-Devotionalien wie Modelle, Spiele, aber auch DVDs der ersten Staffel von „Viper“, eine TV-Serie – „Wie Knight Rider, nur in hart“, weiß er. Einen Schrank für Bohlen-Accessoires hat er allerdings nicht, auch wenn er dessen Ohrwurm-Pop ab und zu hört. Er ist sogar schon mal mit der Viper beim Dieter vorgefahren und hat geklingelt. „Hat aber niemand aufgemacht. Irgendwann kriege ich ihn noch,“ ist er sich sicher.

Seine Viper hat er ja schon…

 

Technische Daten Chrysler Viper RT/10

Baujahr: 1994
Motor: V10
Hubraum: 7.994 ccm
Leistung: 290 kW (394 PS) bei 5.150/min
Max. Drehmoment: 620 Nm bei 3.600/min
Getriebe: Sechsgang-Handschalter
Antrieb: Hinterräder
Länge/Breite/Höhe: 4.448/1.924/1.150 mm
Gewicht: 1.593 Kilo
Sprint 0-100 km/h: 5,1 Sek.
Top-Speed: 266 km/h
Wert: wg Bohlen-Faktor ungewiss

 

Autor und Fotograf: Roland Löwisch