Porsche 356 B 2000 GS Cabriolet

Manche Porsche sind selten, aber andere noch viel seltener – wie das nur 34 Mal gebaute 356 B 2000 GS Cabriolet. Wenn man die Chance hat, eines zu fahren, wäre es mehr als fahrlässig, es nicht zu tun. Trotz des immensen Wertes

Allein der kraftvolle Boxersound findet sofort seinen Platz in der Hirnecke für Unvergessliches. Es rasselt, es sägt, es röhrt, es ist einfach unverwechselbar. Und wunderbar.

Entschuldigung, dass wir gleich mit so viel Dezibel ins Haus fallen. Aber dieses Auto ist nun mal das Herzstück der 356er-B-Serie, sein Motor ist nun mal das Herzstück des 2000 GS Cabriolet, auch „Carrera 2“ (die zwei steht für den Zweiliter-Motor) genannt, und der Sound ist nun mal das Herzstück dieses Doppelnockenaggregates, entwickelt von Dr. Ernst Fuhrmann.

Es war im Frühjahr 1962, als Porsche beschloss, seinem Top-Modell einen Zweiliter-Vierzylinder-Boxer mit 130 PS zu gönnen. Porsche hatte damals aus dem kleineren Typ 547 einen Zweiliter gemacht, Typ 587. Der größere Hubraum entstand durch 74 statt 66 Millimeter mehr Hub. So umgebaut, brauchte die neue Maschine eine neue Ölpumpe und eine größere Bosch-Lichtmaschine. Vorne entfielen an der Karosserie die Grillgitter, damit noch mehr Luft zu den beiden Ölkühlern durchdringen konnte. Das größere Triebwerk sollte die Drehmomentschwäche bei niedrigen Drehzahlen ausmerzen. Seine Feuertaufe bestand er in zwei Renn-Carrera, die schon 1961 bei der Targa Florio in Sizilien mitfuhren.

Und wir dürfen diesen herrlichen frühen Porsche-Sportwagen mit dem berühmten „Königswellenmotor“ durch die Schweizer Berge treiben. Da das Auto in dieser Kombination – 356 mit Rennmotor und ohne festes Dach – nur 34 Mal gebaut wurde, kann man den Wert höchstens erahnen. Also lieber nicht dran denken – dann passiert auch nix.

Uns empfängt erstaunlicher Luxus – tatsächlich kommt schon mal die DeLuxe-Karosserie von Reutter, die Porsche-Spezies bauten zu Zeiten dieses Schmuckstückes (1962 bis 1964) alle Karosserien für den Stuttgarter Sportwagenhersteller. Dieses ist Nummer 156695, ausgeliefert im Rot-Farbton R601. Nach dem Niederlassen auf dem grau belederten, für dieses kleine Auto erstaunlich großen Sessel hocken wir vor einem großen dreispeichigen Holzlenkrad – damals Serie bei diesem Typ. Ebenso selbstverständlich waren die drei Rundinstrumente: links Öl-Thermometer oben und Tankanzeige unten, rechts der Tacho bis zu kräftig übertriebenen 250 km/h. Und mittig natürlich der Drehzahlmesser von VDO. Der ist von 2.200 bis 6.200 Touren grün gestrichelt, von 6.200 bis 7.000 Umdrehungen rot, und immerhin endet die Skala erst bei 8.000/min. Das werden wir dem schönen Oldie allerdings nicht antun – selbst das Erreichen des roten Bereichs ist nicht mehr opportun.

Das Armaturenbrett ist üppig bestückt, besitzt ein integriertes Radio, da will die gummibelegte Käfer-Pedalerie gar nicht mehr recht passen. Dafür machen die kleinen Ausstellfenster eine gute Figur – das von einer Persenning abgedeckte Softtop sowieso.

Der Motor startet sofort und schüttelt sich ein bisschen – allerdings nicht vor Lachen ob der Spielzeuggröße des Zündschlüssels. Schon im Leerlauf hört man die Kraft im Heck, die darauf wartet, das gut eine Tonne wiegende Schmuckstück zu beschleunigen. Das passiert im besten Fall in gut neun Sekunden, und damit war der 356 2000 GS der erste zivile Porsche, der in dieser Disziplin unter zehn Sekunden blieb.

Eigentlich sollten von diesem Modell nur 100 Stück gebaut werden, damit das Auto für die GT-Rennklasse homologiert werden konnte. Das 100. Exemplar wurde schon am 27. April 1962 auf die Räder gestellt. Aber noch weitere Kunden standen Schlange. Porsche-Rennleiter Huschke von Hanstein sagte einst: „Er erwies sich als sehr großer Erfolg, wir bauten etwa viermal mehr als geplant und die Kunden sind mit dem Auto sehr zufrieden.“

Kein Wunder bei 130 PS und161 Nm. Letztere fallen schon bei 4.600 min an – die niedrigste Drehzahl bei einem Carrera-Motor. Das wollte man auch so, deshalb hatte man den Hubraum und nicht die Einlasskanäle vergrößert. Noch heute gibt sich die Maschine sehr elastisch, man kann durchaus schaltfaul fahren.

Erst mal in Fahrt, muss man, wie bei fast allen alten Autos, den Geradeauslauf mit vielen feinen Lenkradbewegungen ausgleichen – schon damals bemängelten die Tester das. In Kurven allerdings fühlen sich Auto und Piloten wohl, auch deshalb, weil hinten am Fahrwerk eine Ausgleichsfeder eingebaut wurde, die für beste Traktion sorgte beim Herausbeschleunigen aus einer Kurve.

Wunderbar auch die Bremsen – tatsächlich ist dieses Modell der erste Straßenporsche, der mit Scheibenbremsen ausgerüstet wurde – in diesem Fall das System aus dem Formel-1-Porsche, Typ 804. Diese Bremsen waren eine Porsche-eigene Konstruktion, die sich von anderen dadurch unterschied, dass die Scheiben von innen umgriffen wurden. Der Außenrand war an einem sternförmigen Nabenträger befestigt.

Schon 1958 fing Porsche an, mit Scheibenbremsen zu experimentieren. 1959 wurde im Nürburgring-Rennen eine Dunlop-Bremsen ausprobiert, weil die Eigenkonstruktion noch nicht fertig war. Aber das Fremdfabrikat war im Rennen den Belastungen nicht gewachsen. Letztlich vertraute Porsche auf die Eigenentwicklung Typ 695. Die eigene Bremse war leichter, die Radträger waren aus Alu gefertigt. Sie passten viel besser zu den Käfer-Felgen als die Dunlop-Bremse. Die Scheibenbremse wog schließlich nur 300 Gramm mehr als die eigene Trommelbremse.

Von 1962 bis 1964 wurde Typ 695 in allen Porsche-Rennwagen eingebaut – da war es nur logisch, die auch im Straßenrenner Carrera 2 zu nutzen. Damit die Kunden sich nicht vor dem etwas anderen Ansprechverhalten erschreckten, schrieben die Verantwortlichen in die Betriebsanleitung des Autos: „Die Scheibenbremsen reagieren auf Pedaldruck mit etwas geringerem ‚Biss‘ im Stadtverkehr als Trommelbremsen. Die Bremsen funktionieren am besten nach leichtem Anwärmen.“

Vom Carrera 2 entstanden gerade mal 310 Stück auf Basis des 356 B und 126 Exemplare auf Basis des 356 C. Das Carrera-2-Coupé kostete 23.700 Mark, das Cabriolet 24.850 DM – es gab sogar ein Hardtop-Coupé für 25.750 Mark.

Wer heute so einen Top-356 sein Eigen nennen will, muss ein Vierfaches dafür hinlegen. Fürs Cabrio sowieso. Besser nicht zu wissen, wie viel genau. Es täte weh …

Tech. Daten Porsche 356 B 2000 GS Cabrio (Carrera 2)

Baujahr: 1962
Motor: Vierzylinder-Boxer
Hubraum: 1.966 ccm
Leistung: 96 kW (130 PS) bei 6.800/min
Max. Drehmoment: 161 Nm bei 4.600/min
Getriebe: Viergang-Handschalter
Antrieb: Hinterräder
Länge/Breite/Höhe: 4.010 / 1.670 / 1.330 mm
Gewicht: 1.020 Kilo
Sprint 0–100 km/h: 9,4 Sek
Vmax: 200 km/h
Preis 1962: 24.850 Mark

Text: Roland Löwisch, Fotos: Markus Leser/Porsche AG, Löwisch

 

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