Ja dann mach doch!

Tanz ums Auto - Auf das Stehvermögen kommt es an

Jeden Tag werde ich auf mein altes Auto angesprochen. Alle freuen sich, machen Fotos und geraten ins Schwärmen. Ja… Leute… ich frage euch ernsthaft: Worauf wartet ihr denn noch?

Wenn man einen Klassiker im Alltag bewegt, ist man nicht einsam. Auf fast jeder Tankstelle, an den Ampeln und auf den Autobahnen stutzen die Leute erst, dann freuen sie sich und winken. Erst gestern flogen zwei Cops ein paar Kilometer auf der A7 parallel zu mir auf der linken Spur. Als ich die endlich bemerkte (ausnahmsweise mal ohne Handy am Ohr…) hoben beide den Daumen und zogen grinsend weiter. So viel Freude. Die richtig frenetischen Protagonisten sind meistens über 30, gern auch mal über 50 Jahre alt und größtenteils im Leben angekommen. Kommt es beim Tanken oder Parken mal zum Gespräch, dann läuft das ungefähr so ab:

Boah, was für ein wunderschönes Auto! So einen a) hatte ich b) hatten meine Eltern c) hatte mein Opa auch mal. Die sind ja unzerstörbar. Diese Formen. Dieses Blech, und dann der Klang! Ganz anders als der Elektronikschrott den es nur noch gibt. Am liebsten würde ich heute auch wieder so einen fahren. Wenn doch nur nicht a) dieser Rost b) dieser hohe Verbrauch c) die schlechte Ersatzteilsituation wäre. *tieferseufzer*

Wenn ich gerade ein bisschen Zeit habe, spreche ich mit diesen Menschen. Ich erzähle ihnen etwas über Rost, Benzinverbrauch und Ersatzteile. Ich komme aber meistens nicht bis zu meiner abschließenden Frage, weil mein Gegenüber generell gehetzter ist als ich und dann winkend in den zwei Jahre alten Elektronikschrott-Leasingkombi einsteigt, um schnell zum nächsten Meeting oder nach Hause in den Carport vor der knapp finanzierten Doppelhaushälfte im Neubaugebiet zu fahren. Ach ja. Diese eine letzte Frage, vor deren Beantwortung sie alle Angst haben.

  1. Ich erzähle den Leuten, dass natürlich die meisten Autos aus den 60ern und 70ern Rostprobleme haben. Damals war Blech nur schlecht oder gar nicht gegen Korrosion geschützt. Durchrostungen kann man schweißen, und wenn es nicht Showroom-Perfektionismus werden soll kostet das weniger als ein neues Motorsteuergerät von einem hochverdichteten Turbo-Dreizylinder. Und wenn es dann gut konserviert wird hält es länger als der Besitzer.
  2. Ich erzähle den Leuten, dass sich ein Alltagsklassiker (wenn es nicht gerade ein V8 Big Block ist) auch mit 10-12 Litern Super 95 im Alltag bewegen lässt. Klar, das ist mehr als ein Hatschimunga TFsi GT verbraucht, dafür kosten aber Steuer und Vollkasko dank H-Kennzeichen nur einen Witzbetrag – und ich spare die monatliche Leasingrate.
  3. Ich erzähle den Leuten, dass es in den 90ern schwierig war, Ersatzteile für alte Autos zu bekommen. Heute ist aber 2017, und für jedes alte, einigermaßen oft produzierte Auto gibt es Foren, Communities und einen Teilemarkt im Internet. Per Express ist jede Wasserpumpe am nächsten Tag da. Und eingebaut wird selbst, man kommt meistens überall gut ran.

    Viele hören mit zwar zu, verstehen es aber nicht. Weil sie aus irgend einem Grund Angst vor ihrer eigenen Courage haben. Weil sie ihren Traum nicht wagen wollen oder dürfen. Deshalb rufe ich meine Frage meistens nur noch hinter den LED-Rücklichtern hinterher: „WARUM KAUFST DU DIR DENN NICHT ENDLICH DAS AUTO, VON DEM DU SO LANGE TRÄUMST??“

tanzumsauto@träume-wagen.de