Frau 8 – Zur Lage der Nation

Fragen Sie Frau 8

„Fragen Sie Frau 8“ – Probleme mit dem Wagen, der Frau oder dem Leben an sich? In dieser Rubrik gibt Wiebke Brauer viele Antworten, mögliche Lösungen – oder einfach ein kleines Stück Hoffnung


Zur Lage der Nation

 

Nein, nichts Politisches. Nur eine kleine Betrachtung darüber, was es so mit sich bringt, wenn der Oldtimer nicht anspringt – und was man daraus lernt. Mal wieder.

Klackklackklackklackklack. Unerquickliches Geräusch, das. Kein Sprotzen und kein Wrommm, kein Nödelnödelnödel, kein gar nichts. 47 Jahre alt ist dieses Motorrad, es ist durchaus erlaubt, mal nicht zu funktionieren. Aber vielleicht nicht heute. Ich habe es eilig, ich muss weg, doch die BMW denkt nicht im Traum daran, anzuspringen. Selbst das leckere Motoröl und die neue Batterie für einen schlappen Hunderter ändern nichts daran. Kurz blicke ich gen Garagenhimmel und wünsche mir, ich führe einen Skoda Citigo. Scherz. Okay, Viertelscherz. Wahrscheinlich bin ich verwöhnt: Das Motorrad hat sonst keine Malaisen, in der Werkstatt scheuchen sie mich alle zwei Jahre genervt vom Hof, weil ich denke, es wäre diesmal wirklich etwas ganz, ganz Schlimmes, dann kleben sie eine neue TÜV-Marke auf das Kuchenblech. In 20 Jahren hatte sie streng genommen noch nie etwas Ernsthaftes. Diesmal hat sie was.

Anruf beim ADAC. „Hallo, ja, springt nicht an. Baujahr 1970, Batterie ist neu, neulich hatte sie einen Massefehler, vielleicht sagen Sie das dem Mechaniker.“

„Sage ich ihm. Er kommt so in 90 Minuten.“

„Super, ich warte dann.“

90 Minuten später kommt ein freundlicher junger Engel mit seinem gelben Auto, stellt sich als „Michi“ vor, fährt in die Garage ein und begutachtet das Motorrad.

„Mit Motorrädern kenne ich mich nicht so gut aus.“ Pause. „Ist die aus den 90ern?“

Das kann heiter ja werden.

30 Minuten später weiß er, dass man die Kabel, die unter dem Tank liegen, nicht so gut sehen kann, inspizierte aber dafür länger das Hinterrad. Warum auch immer. Aber: Nun weiß er auch, dass die Bremse rechts ist und die Gänge mit dem Fuß geschaltet werden – und er schob mich an. Das Motorrad sprang an, so dass ich gleich stante pede in die Werkstatt fahren kann. Vor der Garage nehmen wir noch die Daten auf.

„Baujahr 1970? Also wirklich 1970?“

„Ja. Ich habe sie auch schon 20 Jahre.“

„Dann sind Sie Erstbesitzerin?“

Drei Möglichkeiten. Erstens: Ich sollte sofort aufhören zu saufen und zu rauchen. Zweitens: Unser Schulsystem sollte komplett überholt werden, die Rechenleistung der deutschen Jugend ist mehr als bedenklich und die dieses Jungen desaströs. Drittens: Er ist ein bisschen doof.

Ich entscheide mich für die dritte Variante, ballere ihm keine und fahre zu BMW in die Werkstatt. Dort freut man sich, mich wieder zu sehen und sagt, dass man sich kümmert.

Einen Tag später habe ich das Ding wieder. Kurzschluss im Anlasser-Relais, außerdem schenkte mir ein sehr, sehr freundlicher Mitarbeiter zwei verchromte Rückspiegel und enorm gepflegt aussehende Rückleuchten. Braucht er nicht mehr, er hat sich sein Moped zum Scrambler umgebaut. Mit LED-Funzeln. Fazit: Die Lage der Nation ist insgesamt gesehen nur mittelbedenklich. Manche Menschen sind ein bisschen unterbelichtet, andere sind freundlich und schenken, ohne eine Gegenleistung zu erwarten – und es gibt keinen vernünftigen Grund, sich einen Skoda zu kaufen. Das Moped springt an wie verrückt und fährt besser als je zuvor. Echt.

Manchmal ist es so einfach, glücklich zu sein. Man braucht nur einen Kurzschluss.

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Mail an: frauacht@träume-wagen.de

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