Urban Indians – Jeep Grand Cherokee

Dass Harbeck dieses gelungene Paket anmacht, verstehen wir nur zu gut. Guter Geschmack führte ihn zum SUV-Klassiker: „Es war Sommer und ich wollte mir ein neues Auto schenken. Schnell packte mich der Charme des klassischen Grand Cherokees: Dunkelgrün, mit goldenen Zierstreifen und den Felgen, die für dieses Baujahr so typisch sind. Und das aus erster Hand, unverbastelt.“ Gegenargumente wie Technik auf Golfkriegs-Niveau und eine 801-Euro-Steuerforderung vom Fiskus? Egal. Daniel hatte es voll erwischt, er konnte nur mit einem Kaufreflex reagieren: „So einen findest du nie wieder in diesem Zustand.”

Weiche Polster passen zum lässigen Ami-Charme und schaffen Wohlfühlatmosphäre an Bord der Ami-Lounge

Dank des ausgewachsenen Drehmomentmassivs ist der Magnum unter der Haube des Youngtimers ein entspannter Begleiter für die große Fahrt. Mit Tempomat pendelt sich die Wohlfühlgeschwindigkeit auf der Autobahn zwischen 75 und 85 Meilen laut Tacho ein. Die Beschleunigung ist immer noch sehr konkurrenzfähig. Bei dem 318 Cubicinch großen Achtzylinder zerren „nur“ 211 PS, dafür aber satte 400 Newtonmeter ordentlich am Antriebsstrang. Die ersten 50 Meter ab Ampelstart können locker mit dem Alteisen erobert werden – und das ganz ohne Street and Racing Technology. Soundmäßig absolut gefühlsecht – man meint dabei erahnen zu können, wie sich die Brennräume bei jedem Kolbenhub noch einen Schluck hochoktaniges Super extra gönnen.

Radikal im Wesen ist der strahlend weiße SRT. Schon seine muskulöse Statur mit Spoilerwerk, 295er-Walzen und Luftauslässen lässt keine Zweifel zu: Er ist böse! Der extrovierte Dampfhammer unter den Grand Cherokees düpiert mit Hubraum und Leistung im Überfluss gestandene Sportwagen. Ganz nebenbei bleibt er theoretisch außerdem ein brauchbarer Geländegänger, doch unbefestigte Straßenkilometer im urbanen Hamburg sind überschaubar.

Via Launch-Control liegen 100 km/h nach weniger als fünf Sekunden auf dem Digitaltacho an, erst bei echten 260 Kilometern pro Stunde ist Schluss. Wem 468 Pferdestärken kein Grinsen ins Gesicht meißeln, der sollte besser U- und S-Bahnen benutzen. Der SRT8 ist eine Zeitmaschine, die nur eine Richtung kennt: nach vorne. Nebenprodukt des brachialen Schubs ist eine Soundexplosion der Extraklasse, bei dem jeder Verkehrsteilnehmer ungewollt zum Zuhörer gemacht wird. Dank renntauglicher Abgasanlage mit zwei armdicken Endrohren flutet der V8 Straßenschluchten jeder Art mit seiner imposanten Symphonie. Harbeck steht an der Ampel, lässt es sich an Bord des vollausgestatteten Luxusschiffs gut gehen. Belüftete Sessel, Panoramadach und Infotainment mit Harman-Kardon-Highendanlage verwöhnen die Insassen. Doch Harbeck spielt lieber mit der Launch Control der Achtgangautomatik: Fünfzig Meter hinter der Kreuzung steht ein Paket-Van. Der Bote schaut zunächst nur kurz irritiert auf, als der grellweiße Renncontainer durchstartet und dann unüberhörbar an ihm vorbeifliegt. Er hebt reflexartig den Daumen.

Ob Klassik oder Moderne, eine feste Fangemeinde ist allen Grand-Cherokeegenerationen sicher.

Technische Daten Jeep Grand Cherokee ZJ 5.2 Limited

Baujahr: 1995
Motor: V8
Hubraum: 5.210 ccm
Leistung: 211 PS bei 5.400/min
Max. Drehmoment: 400 Nm bei 6.000/min
Länge/Breite/Höhe: 4.489 / 1.800 / 1.649 mm
Gewicht: ca. 1.835 kg
Sprint 0-100 km/h: 9,4 s
Top-Speed: 180 km/h
Wert 2015: 5.500,- Euro

Technische Daten Jeep Grand Cherokee SRT

Baujahr: 2015
Motor: Fünfzylinder mit Turbolader
Hubraum: 6.424 ccm
Leistung: 468 PS
Max. Drehmoment: 624 Nm
Länge/Breite/Höhe: 4.846 / 1.954 / 1.749 mm
Gewicht: ca. 2.429 kg
Sprint 0-100 km/h: 5,1 s
Top-Speed: 257 km/h
Preis 2015: 79.200,- Euro

Das Cockpit folgt der Quadratisch-Praktisch-Gut-Logik. Für zeitgenössisches Infotainment sorgt ein basstarkes Infinity-Sondsystem mt Kassettendeck.

Für schweres Gelände gibt es eine manuell zuschaltbare Untersetzung

Kurvenräuber wider Willen: Das softe Fahrwerk mag es gemütlcih, doch der kräftige V8 kann auch anders

Gesicht in der Menge. Der klassische Grand Cherokee ZJ ist der wahre Urban Cruiser

Einzelradaufhängung rundum und ein adaptives Bilsteinfahrwerk sorgen für die erstaunlichen Dynamikwerte des 468 PS starken 2,5-Tonners.

Auf dem Kriegspfad: Das Familiengesicht ist geblieben, doch der SRT trägt dunklen Lidschatten. Er gibt am liebsten den bösen Cherokee, buddelt das Kriegsbeil aus und ärgert Porsche Cayenne-Fahrer

Sportschau mit viel Licht von oben. Straffere Polster und spürbar mehr Platz dokumentieren den automobilen Wertewandel der vergangenen 20 Jahe.

Prunkstück des Innenraums ist ein volldigitales Cockpit mit riesigem Infotainmentpaket

Geschaltet wird via Achtgangautomatik. Der SRT ist technisch voll auf der Höhe der Zeit

Statt Kaminfeuerknistern gibt es dezentes V8-Grollen

Style trifft Nutzwert: Beide Kofferräume haben ausgewachsenes Kombiformat

Text: Lars Jakumeit
Fotos: Christian Dietz