Junior im Sonntagsdress: Alfa Romeo Giulia Junior GT 1300 Zagato

Am Heck steht schlicht „Junior Z“ – wahrscheinlich passte der volle Name „Alfa Romeo Giulia Junior GT 1300 Zagato“ nicht drauf: Für viele ist Zagatos Interpretation der GT-Giulia noch schöner als das Original. Seltener ist sie allemal

Es ist gar nicht so einfach, über eine(n) zu stolpern. Damit meinen wir nicht die Größe, auch wenn 3,9 Meter Länge als schon recht übersichtlich bezeichnet werden darf. Nein, es ist seine/ihre Seltenheit: Nur etwas mehr als 1.100 Stück wurden vom Alfa Romeo Giulia Junior GT 1300 Zagato gebaut – womit wir beim nächsten Thema wären: Ist das Auto ein „der“ oder eine „die“? Man sagt ganz klar „die Giulia“ – am Heck dieses Autos aber steht „Junior Z“, und das wäre ein „der“.

Ähnlich verwirrt waren wohl auch die Kunden, die 1969 auf dem Turiner Salon den Junior Z neben einem der „normalen“ Bertone-GT Junior entdecken konnten. Zagato hatte seine ganz eigene Vorstellung des Junior auf die Räder gestellt: ein rasant aussehendes, großzügig verglastes Sportcoupé für zwei, das allerdings mit 89 PS nicht gerade übermäßig motorisiert war. Es bot neben der außergewöhnlichen Karosserie bewährte Giulia-GT-Technik und ein ähnliches Interieur. Das Ganze stand allerdings auf der kürzeren Alfa-Spider-Plattform.

Statt aus Aluminium, wie bei Zagato eigentlich üblich, formten die Spezialisten aus Rho die Karosserie aus Blech. Die Form hatte sich Zagatos Chefdesigner Ercole Spada einfallen lassen: ausgeprägte Keilform, halbkugelförmiges Dach, ein gekapptes Heck, und das alles als Fließheckcoupé.

Ein perfektes Erkennungsmerkmal ist die Plexiglas-Frontverkleidung mit der Aussparung für das große Alfa-Wappen. Hinten wurde, was damals ganz modern war, eine perforierte Stoßstange in die Karosserie integriert. Die Heckleuchten übernahm Spada einfach von der 1750 Berlina. Schräg war das hintere Ende der nach vorne öffnenden Motorhaube: Damit die halbversenkten Scheibenwischer arbeiten können, mussten die Designer eine ungewöhnliche Kantenform ins Blech dengeln.

Farblich ging der Z eigene Wege, nur einige Farben musste er sich mit dem Montreal teilen.  Der Kunde konnte wählen zwischen Bianca Zagato, Champagne Metallizzato, Rosso Zagato, Blu medio (in diesem Fall ist das Interieur in Hellbraun gehalten), Grigio Metallizzato, Verde und Giallo Zagato.

Als wir dieses gelbe Exemplar bei Steenbuck Automobiles  entdecken, ist klar: Den müssen wir erleben. Das gute Stück wurde 1970 gebaut und hat schon halb Europa gesehen: Es wurde zunächst nach Italien ausgeliefert, dann in Portugal etwa im Jahr 2014 restauriert und gelangte später nach Frankreich. Hier war ein Deutscher auf der Suche nach solch einem Wagen. Als er den gelben Sportler fand, konnte er ihn allerdings nicht gleich mitnehmen, da man sich über die Zahlungsmodalitäten nicht einigen konnte. So musste der Kunde erst zurück nach Norddeutschland. Auf der Rückfahrt verreckte allerdings sein Zugwagen in Frankfurt. Somit machte er sich einige Zeit später wieder auf, sackte in der Main-Metropole seinen reparierten Zugwagen auf, fuhr wieder nach Frankreich und konnte nun endlich seinen Traumwagen aufladen. Zu Hause angekommen allerdings, wich die Begeisterung dem Frust: Der 1,90-Meter-Hühne passte schlicht nicht hinein …

Wie gut, dass wir kleiner sind. Den Wagen zu entern, ist deshalb keine Kunst – gut darin zu sitzen allerdings schon. Der Sessel scheint direkt mit dem Boden verschraubt zu sein, was eine ungewöhnliche Beine-Arme-Konstellation in Sachen Bedienung der Pedale und des Lenkrades zur Folge hat. Der Doppelnockenmotor klingt im Leerlauf erstaunlich unaufgeregt, und so fährt sich das mit Scheibenbremsen ausgestattete Coupé auch. Das Fahrwerk mit Einzelradaufhängung vorne und Starrachse hinten bietet zeitgemäßen Komfort. Trotz langem Schalthebel muss hier niemand im Fünfganggetriebe rühren, denn die Gänge rücken elegant und zuverlässig ein. Je mehr das hängende Gaspedal (die Pedale für Kupplung und Bremse stehen) gedrückt wird, desto bissiger wird der Junior Z – seiner Optik als Konkurrentenfresser wird er allerdings nicht gerecht, dazu reicht die Power nicht.

Im Cockpit herrscht schwarzes Plastik und Kunstleder vor – sachlich und sportlich zugleich. Die edlen Jaeger-Instrumente sind eingefasst von einem breiten Instrumentenbrett-Rahmen, das Handschuhfach hat keinen Deckel. Zwischen den Sitzen glänzt die bis weit nach oben gezogene Mittelkonsole, die metallbeplankt ist. Das Zweispeichenlenkrad stammt aus dem GT Junior, aber auch andere Bauteile wie Zigarettenanzünder, Aschenbecher und die wunderschönen Hebel für Choke und Handgas spendete das Serienmodell. Andere Schalter, wie zum Beispiel der Kippschalter für die Heckklappenbedienung, scheinen dagegen einfallslos aus irgendeinem Zubehörkasten entnommen worden zu sein. Dabei ist der Gag nicht schlecht: Die großzügig verglaste Heckklappe kann man elektrisch öffnen – zwar nur ein paar Zentimeter, aber das soll reichen, um bei Fahrt die Be- und Entlüftung des Innenraumes zu unterstützen. Akzeptieren wir den Junior Z also als in jeder Hinsicht extravaganten Reise-GT, bei dem man das Gepäck fürs Wochenende im Heck verstaut, indem man die Sitzlehnen nach vorne klappt.

Nur zwei Jahre blieb der Junior Z 1300 im Angebot, zum Schluss für fast 17.000 Mark. Das war den meisten Interessierten dann aber doch zu teuer. Auch eine zweite Serie konnte das schicke Coupé nicht retten – im Gegenteil: Die vor allem hinten vorgenommene Verlängerung um zehn Zentimeter und die dickeren Stoßfänger nahmen der Karosserie eine Menge ihres Charmes. Die Heckleuchten stammten nun von der 2000 Berlina, der Tankdeckel wanderte auf die linke Fahrzeugseite. Innen erhielt das Lenkrad drei Speichen, die Form des Armaturenbrettes änderte sich leicht und im Fußraum warteten ausschließlich hängende Pedale auf tanzende Füße. Im Motorraum verrichtete nun ein 1,6-Liter-Vierzylinder mit 108 PS seine Arbeit. Nach nur gut 400 Exemplaren des um 70 Kilo schweren 1600 Z wurde das Experiment des Zagato-GT im Jahr 1975 eingestellt.

Trotzdem gilt noch heute das Design als stilprägend: Der Junior Z nahm die Form der Alfetta GT voraus, dem 1974 vorgestellten Nachfolger der Giulia GT. Andere erkennen im Junior Z die Blaupause für den späteren Honda CRX.

Wir bedanken uns bei Steenbuck Automobiles für die Hilfe bei der Produktion

Technische Daten Alfa Romeo Giulia Junior GT 1300 Zagato

Baujahr: 1970
Motor: Vierzylinder
Hubraum: 1.290 ccm
Leistung: 66 kW (88 PS) bei 5.500/min
Max. Drehmoment: 123 Nm bei 3.000/min
Getriebe: Fünfgang-Handschalter
Antrieb: Hinterräder
Länge/Breite/Höhe: 3.900/1.550/1.280 mm
Gewicht: 950 Kilo
Sprint 0–100 km/h: k. A.
Top-Speed: ca. 175 km/h
Preis 1972: 16.950 Mark
Preis heute: 79.000 Euro

Text und Fotos: Roland Löwisch

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