Jaguar XJ-S/XJS

Der Erfolg einer Ikone ist schwer zu übertreffen – so war es auch beim in den ersten Jahren noch mit Bindestrich geschriebenen Jaguar XJ-S, der den legendären E-Type beerbte. Obwohl sich an ihm zunächst die Geister schieden, wurde er mit fast 120.000 gebauten Exemplaren das bis heute erfolgreichste Jaguar-Sportmodell. Auf dem Oldtimer-Markt ist die Baureihe (noch) relativ günstig zu haben

Beim Marktstart des von 1975 bis 1996 gebauten Jaguar XJ-S ließ sich der große Erfolg der Baureihe noch nicht erkennen – im Gegenteil! Das eigenwillige Design des Neuen, der zunächst nur in der Coupé-Version gebaut wurde, sagte vielen Freunden der Marke nicht sofort zu – zu groß war die Trauer über die Produktionseinstellung des legendären E-Type im Jahr zuvor, aber auch der deutlich höhere Komfort bei der Ausstattung und Fahrverhalten stießen bei XJ-S Puristen nicht durchweg auf Gegenliebe. Viele hatten sich vom Neuling einen deutlich größeren Schuss Sportlichkeit erwartet. Aber ein ausgeprägter Sportler war der XJ-S nicht, was auch an seinen Genen lag – schließlich basiert er auf den gediegenen Limousinen der XJ-Baureihe. Und noch drei weitere Faktoren sorgten dafür, dass die Verkäufe in der Anfangszeit nicht so rund liefen: Der XJ-S war selbst für einen Jaguar ungewöhnlich teuer in der Anschaffung, zudem platzte der durstige Zwölfzylinder genau in die Zeit der Ölkrise herein, und schon bald machte die Baureihe überdies mit Qualitätsmängeln von sich reden. Das alles führte dazu, dass die ohnehin schleppenden Verkaufszahlen immer weiter fielen – 1980 entstanden nur noch zirka 1.000 neue XJ-S, und es wurde bereits laut über eine Einstellung der Produktion nachgedacht.

Für die Zulassung in Deutschland müssen noch die amerikanischen „Sealed-beam“-Scheinwerfer mit symmetrischem Licht gegen EU-Versionen getauscht werden

Als Sir John Egan 1980 die Jaguar-Führung übernahm, entschied er sich allerdings, die Baureihe technisch zu überarbeiten, die Angebots-palette zu erweitern und unter anderem durch eine lang ersehnte Cabrio-Variante zu ergänzen. Durch eine neue Einspritzanlage und Verbesserungen am Motor – unter anderem einen neuen Zylinderkopf – entstand die neue „H.E.“-Ausführung. Das Kürzel steht für „high efficiency“ und ließ den Spritverbrauch um beachtliche rund 20 Prozent sinken. In der Folge stiegen auch die Absatzzahlen wieder an. Ab 1983 gab es nicht länger nur den 12-Zylinder im XJ-S, sondern auch einen neuen 3,6l-Sechszylinder-Reihenmotor. Die offene Ausführung kam im Herbst 1983 zunächst in Gestalt eines Targa-Modells als XJ-SC in den Handel, in der Folgezeit wurden bügellose Cabriolets auch in geringen Stückzahlen von Hess & Eisenhardt in den USA, Lynx in England und Arden in Deutschland umgebaut, das bügellosen XJ-S Convertible wie unser Referenzfahrzeug gab es vom Werk erst ab 1988.
Unser Fotomodell aus dem Baujahr 1992 ist übrigens ein US-Reimport, der beim Autohaus Hollenstedt zum Verkauf angeboten wird. Besonders charmant an diesem Wagen, der schon ein „XJS“ ohne Bindestrich ist, sind die geringe Laufleistung von erst 61.000 Meilen sowie die umfangreiche „moderne“ Ausstattung mit ABS, Tempomat, Bordcomputer, Sitzverstellung mit Memory, Sitzheizung, elektrischer Verdeckbetätigung und vielem mehr.

Am Übergang des Windleitblechs auf die A-Säule und den Kotflügel lauern mitunter Rostschäden

Der US-Standard fordert hydraulische Prallelemente an der Stoßstange

Unserem Fotomodell fehlt der serienmäßige Frontspoiler

Selbstverständlich ist auch der Zwölfzylinder unter der Haube ein Gedicht! Er hat so viel Drehmoment schon bei niedrigen Drehzahlen, dass man in Ortschaften kaum mehr als die Leerlaufdrehzahl bemühen muss, um standesgemäß relaxt zu cruisen – vorzugsweise offen natürlich. Man erkennt die XJS-Fahrzeuge (also die ohne Bindestrich) übrigens auf den ersten Blick am völlig neu gestalteten Heckblech mit durchgehendem, dunkel getönten Rückleuchtenband.
Eine vornehm zurückhaltende Fahrweise tut auch dem Verbrauch gut, denn bei forcierter Gangart fließen sicher auf 100 Kilometern 20 Liter und mehr gutes Super durch die Einspritzdüsen – in den einstelligen Verbrauchsbereich wird man mit diesem Aggregat im Praxisbetrieb vermutlich nie kommen, aber die souveräne Charakteristik und das dezente Motorengeräusch entschädigen für alles. Natürlich kann man den XJ-S als Coupé auch mit dem 3,6-l-Sechszylinder (ab Mai 1991 neu entwickelter 4,0-l-Sechszylinder) bewegen, ohne echten Leistungsmangel zu verspüren, der seine Kraft wahlweise über ein manuelles Fünfganggetriebe oder eine Viergang-Automatik abgibt, aber das wahrhaft aristokra-tische Dahingleiten erfordert eben doch die große Maschine.
Auf die zahlreichen verschiedenen Motor- und Getriebevariationen, die im Laufe der 21-järigen Produktionsdauer im XJ-S / XJS erhältlich waren, werden wir hier aus Platzgründen nicht detailliert eingehen können. Standfest sind sie alle, wenn man die Basiswartung wie regelmäßige Ölwechsel nicht vernachlässigt und die Motoren sorgfältig warm fährt. Auch die Sondermodelle wie einige „Shooting brake“-Umbauten oder das in 50 Exemplaren gebaute Sondermodell „Le Mans“ (nach dem im Jahr 1982 ein von Tom Walkinshaw Racing aufbereiteter XJ-S die Europäische Tourenwagen-Meisterschaft gewonnen hatte) werden hier keine gesonderte Erwähnung finden.

Nicht nur an unserem Fotomodell sehen die Schweller gut aus – ein Beleg für den Erfolg der Qualitätsoffensive John Egans

Der Jaguar XJS wurde mit Sorgfalt produziert – ungleichmäßige Türspaltmaße wären ein eindeutiges Warnsignal für mögliche Unfall-Vorschäden

Fazit: Noch bieten die XJ-S bzw. XJS-Typen eine der günstigsten Gelegenheiten zum Einstieg in die erlauchte Jaguar-Welt. Das sollte Kaufinteressenten dazu bringen, sich im Zweifel auf jeden Fall eher für den besseren, wenn auch teureren Wagen zu entscheiden – eine Vollrestaurierung ist bei diesem Modell unter wirtschaftlichen Aspekten nicht darstellbar. Eine gut belegte Wartungshistorie ist Gold wert.
Natürlich finden sich auch am Jaguar XJ-S ein paar Punkte, an denen sich auch schlimmere Durchrostungen ausbilden können, trotzdem ist Thema „Korrosion“ beim XJ-S nicht so bedeutsam, wie man vermuten könnte. Von entscheidender Bedeutung ist allerdings die Funktion der ganzen Komfort-Goodies von der Klimaanlage bis zu den Armaturen. Die Ersatzteilversorgung ist im Bereich der mechanischen Verschleißteile gut und bisweilen auch richtig günstig, Blech-Neuteile sind dagegen exorbitant teuer – sofern überhaupt verfügbar, dasselbe gilt für alle Teile des Interieurs. Wir würden ein Modell ab der Einführung des „H.E.“ empfehlen – nicht nur, weil die sparsamer sind, sondern weil da auch John Egans Qualitätsoffensive griff.

Tatsächlich zählen die Türen, was Rost betrifft, zu den Problemzonen des XJS. Schauen Sie unbedingt auch die Türböden genau an