Last Gas-Station Wagon for 200 Miles

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Dan Levon rockt. Und wie es sich für einen Musiker gehört, fährt er auch ein rockendes Auto: Sein durstiger 85er Ford LTD singt den Blues des langen Lebens und stampft den Beat der Beulen. Aber der V8 bringt dem Sänger die Entspannung und den täglichen Roadmovie im Wahnsinn des Alltags

Er ist kein Mustang und kein Thunderbird. Keine Corvette und kein Eldorado. Und es gibt keinen Film, in dem ausgerechnet ein Ford LTD die Hauptrolle spielt – anders als der treue Käfer „Herbie“ oder „K.I.T.T.“, der aufdringlich rumtextende Trans Am von Knight-Rider David Hasselhoff. Aber er kommt trotzdem in fast allen cineastischen nordamerikanischen Straßenszenen aus den 70ern und 80ern vor – als Taxi, als Polizeiwagen oder einfach nur als ganz normale, kantige Full-Size-Limousine der ganz normalen nordamerikanischen Bevölkerung.

Und gerade das machte ihn – besonders in der riesenlangen, noch kantigeren Kombi-Version – so attraktiv für Dan Levon. Als Teenager drückte der spätere Musiker immer wieder die Pause-Taste seines VHS-Videorekorders, um sich Details dieses Autos anzusehen, von dem er anfangs gar nicht wusste, um was für ein Modell es sich eigentlich handelte. Dessen vollen Namen er sowieso nicht richtig hätte aussprechen konnte: Ford LTD Station Wagon.

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Klassiker im Alltag und im Winter: Der Country Squire Station Wagon wird nicht gepflegt,
aber geliebt. Und demnächst vielleicht auch restauriert

 

Was auch nicht weiter verwerflich gewesen wäre. Nicht einmal die Amerikaner waren sich bei seinem Debut 1965 als gut ausgestatteter Full-Size-Ford darüber einig, was dieses „LTD“ denn nun bedeuten mochte. Die 
unbelehrbaren Besserwisser (das sind die Leute, die bei der Computertastatur zur „Strg“-Taste süffisant „Strong“-Taste oder gar „String“-Taste sagen, was schlicht falsch ist) nennen ihn noch immer Ford „Limited“ (was ebenfalls schlicht falsch ist). Einige Motormagazine orakelten damals, dass LTD wohl die Abkürzung für „Luxury Trim Design“, also die luxuriöse Variante in Sachen Ausstattung und Zierrat sein könnte. In Australien, wo der Wagen ebenfalls verkauft wurde, war man sich sicher, LTD stünde für „Lincoln Type Design“ und spiele auf Parallelen zur Luxusmarke des Konzerns an.

Das Magazin „Car Life“ nahm allerdings an, LTD bedeute schlicht gar nichts. Vielleicht lagen die damit auch richtig – armer Dan Levon. Aber den Gitarristen interessierte damals eher die kantige Form des Chevy-Caprice-Konkurrenten als die korrekte Übersetzung der Modellbezeichnung.

am0414_ford_ltd_02Die kantigste Ausbaustufe des LTD startete Ford 1979 auf Basis seiner „Panther“-Plattform, die als starrer Längsträger mit Heckantrieb noch bis 2011 in verschiedenen Modellen zum Einsatz kam. Die beiden Big-Blocks der ersten Serie fielen dem Ölkrisen-Rotstift zum Opfer und hinterließen lediglich die Basisversionen des robusten und traditionellen Windsor-V8 mit 4.952 cm3 (302 cui) und 5.756 cm3 (351 cui). Bei der Effizienz der Motorisierung versuchte Ford allerdings, sich treu zu bleiben: Man vermied die Einführung von ungeliebten Sechszylindern oder gar Dieselmotoren und entwickelte stattdessen eine 4.182 cm3 (255 cui-) Magerversion des Windsor. Der fand nicht viele Abnehmer, legten doch seine 115 PS in Kombination mit den „effizienten“ zwei Tonnen Leergewicht des immer noch 5,3 Meter langen Wagens das Fahrverhalten einer Wanderdüne an den Tag.

1983 wurden die Modelle getrennt, um der klassischen amerikanischen Modellbezeichnungs-Verwirrung Genüge zu tun. Der kleinere LTD bekam die neue „Fox“-Plattform und brannte ab sofort wie eine Kreuzung aus 80er-Jahre-Mustang und europäischem Ford Escort in den Augen. Der größere Ford blieb, wie er war, und bekam nun den Zusatz „Crown Victoria“. In den Varianten Sedan und Station Wagon (auf Wunsch mit der geschmacklich umstrittenen Kunstholz-Beplankung „Country Squire“) wurde der große LTD unverändert bis 1991 gebaut. Der kleine schwachbrüstige Windsor-V8 flog wieder aus dem Programm, die größeren Basismaschinen bekamen stattdessen optional eine Benzineinspritzung spendiert.