Chevrolet Camaro (1970 – 1981)

Von dem großen Marktanteil-Kuchen, den Ford ab Mitte der 1960er mit dem Mustang verschlang, wollte General Motors auch ein ordentliches Stück ab haben. Deshalb wurden auf Basis des Chevrolet-Nova-Chassis ganz schnell ein Coupé und ein Cabrio entwickelt: der Camaro. Ein echter Erfolgstyp, auch in Europa. In Deutschland war vor allem die zweite Generation von 1970 bis 1981 beliebt. Wir haben dem Pony-Car von GM unter die Haube geschaut

Knappe Proportionen – es gab eine Zeit, da entsprachen kleinere Autos durchaus den Wünschen einer jugendlichen amerikanischen Klientel. Und zusätzlich traf das auch noch den Geschmack und erfüllte die Ansprüche europäischer Kunden – so sie denn ausgemachte Autofreaks waren. Anders ausgedrückt: Camaro Coupé und Cabriolet kamen genau zur richtigen Zeit.

Einen Camaro kaufte man sich nicht zufällig. Er war ein Statement für Sportlichkeit und den „American Way of Drive“, weshalb er auch den Muscle Cars zugerechnet wird. Von der zweiten Generation, die wir hier genauer unter die Lupe nehmen, gab es nur noch die Coupé-Baureihe. Die offene Variante war entfallen und wurde erst bei der dritten Generation (von 1982 bis 1993) wiederbelebt.

Alle Camaro der ersten bis vierten Generation (also von 1967 bis 2002) basieren ebenso wie der Pontiac Firebird (von 1969 bis 2002) auf dem so genannten „F-Body“, der im Auftrag von General Motors beim Karosseriehersteller Fisher gefertigt wurde. Im Laufe seiner 35jährigen Bauzeit wurde der F-Body vier Mal modifiziert.

Zwerg Nase

Rostfrei kaum zu haben

Bevorzugte Camaro-Motorisierungen waren natürlich die Achtzylinder mit Hubräumen von 5,0 bis 7,4 Liter. Vernünftiger, weil weniger trinkfreudig war der Reihensechszylinder mit 4,1 Litern Hubraum (ab 1979: zunächst Chevrolet-V6 mit 3,8 Litern/229 cui, später Buick-V6, ebenfalls mit 3,8 l Hubraum/231 cui), aber welcher echte Autofreak wollte vor der Ölkrise schon etwas von ökonomischer Vernunft wissen? Danach jedoch umso mehr, weshalb die Camaro-Verkaufszahlen auf dem europäischen Kontinent zurückgingen.

Seit einiger Zeit erleben die amerikanischen Muscle-Cars – und insbesondere die so genannten Pony-Cars, Spritpreise hin oder her – einen ungeahnten Aufwind, und mal ehrlich: Spielt es bei einem Liebhaberfahrzeug, das vielleicht 2.000 Kilometer im Jahr bewegt wird, wirklich so eine Rolle, ob das Auto nun zehn oder 20 Liter auf 100 km verbraucht? Eher nicht. Der Camaro war übrigens ein beliebtes Custom- und Tuning-Objekt. Viele wurden im Laufe der Jahre teils aufwändig umgebaut, sowohl was die Motoren und deren Technik betrifft als auch die Karosserie. Obwohl die Ersatzteilsituation blendend und fast alles lieferbar ist, erschwert die häufig schlecht dokumentierte Umbau-Historie eines Fahrzeugs später die Beschaffung der korrekten Ersatzteile.

5.7 Liter fürs Ego

Besonders gesucht sind heute gut erhaltene Werks-Sondermodelle wie der hier gezeigte Camaro RS 350 (RS steht für „Rallye Sport“) von 1972, der sich auf den ersten Blick durch die zweigeteilte Frontstoßstange vom gewöhnlichen Camaro unterscheidet. Beim Normalmodell sind abweichend davon auch die Blinkleuchten unter der über dem Kühlergrill verlaufenden einteiligen Stoßstange positioniert. Besonders gesuchte Varianten sind der Camaro mit dem Zusatz „SS“ (für „Super Sport“) sowie das leistungsmäßige Topmodell Z/28 (später Z28), dessen 5,7 L-Motor 360 SAE-PS mobilisiert und das auch im amerikanischen Motorsport Karriere machte. In den Jahren 1975 und 76 wurde die Produktion des Z28 ausgesetzt, um jedoch 1977 erneut auf den Listen zu erscheinen. Er wurde den Händlern aus den Händen gerissen – meist mit Klimaanlage und Dreigang-Automatikgetriebe, während sportlichere Naturen den Z28 mit Viergang-Handschaltung orderten.

Wie bei US-Cars üblich erfuhr der Camaro fast in jedem Modelljahr ein paar kleinere optische Retuschen. Auch bei den Motorisierungen gab es ständig Änderungen, sowohl was die Hubraumvarianten betraf als auch die durch Abgasgesetze und eben auch durch die Ölkrise hervorgerufenen Leistungs- (und Verbrauchs-) Anpassungen.

Beachtenswert sind die zwei größeren Facelifts, die sich die zweite Camaro-Generation gefallen lassen musste. Sie fielen recht umfangreich aus und sorgen jeweils für ein deutlich runderneuertes Erscheinungsbild. Das erste Facelift bescherte dem Camaro 1974 eine völlig neue Front- und Heckpartie mit kräftigen Aluminiumstoßstangen, die die neuen US-Bestimmungen für einen Fünf-mph-Aufprall erfüllten. Dadurch erhöhte sich die Fahrzeuglänge um 20 Zentimeter. Die runden Rückleuchten wurden durch längliche ersetzt, die nun bis ins hintere Seitenteil reichen, und aus der ehemals flachen Heckscheibe wurde eine Panorama-Scheibe, was die Rundumsicht nach hinten verbesserte.

Zum Modelljahr 1979 wurde die Front- und Heckgestaltung abermals deutlich modifiziert. Die Frontmaske mit den Stoßfängern war jetzt aus einem Guss in Kunststoff gefertigt, und die kleinen länglichen Rückleuchten wurden durch ein deutlich größeres Leuchtenband ersetzt. 1982 schließlich erschien die dritte Camaro-Generation, die sich vom Vorgänger optisch wie technisch extrem unterschied und mit ausgeprägter Keilform und eckigem Design ein Paradebeispiel fürs 1980er-Jahre-Design abgab.

Optisch gefälliger sind allerdings die Fahrzeuge der ersten und zweiten Generation. Es folgte ab 1993 noch eine vierte, optisch deutlich geglättete und abgerundete Generation, die ebenfalls den typischen Stil des Jahrzehnts verkörperte und bis 2002 produziert wurde.

Erst 2010 erschien eine komplett retrodesignte Neuauflage, die typische Stilmerkmale der ersten Generation wieder aufnahm und sich an einer Studie aus dem Jahr 2005 orientierte. Sie ist seit 2012 auch wieder als Cabriolet erhältlich.

Wer das Original anstelle der (gelungenen) Retro-Kopie bevorzugt, sollte allerdings sehr genau hinsehen. Camaro-Interessenten werden lange suchen müssen, bis sie ein so gepflegtes Exemplar wie das Referenzfahrzeug auf diesen Seiten finden, das zurzeit bei Carmania in Hamburg zum Verkauf angeboten wird. Bisher ausschließlich in amerikanischem Familienbesitz, überzeugt der Wagen mit einer Laufleistung von nur 86.950 Meilen und einem Zustand, der „ungefähr einem drei Jahre alten Gebrauchtwagen entspricht“, wie Carmania-Inhaber Philip Ewerwahn sagt. In all den Jahren wurde lediglich eine makellose Neulackierung im Originalfarbton „Orange Flame“ vorgenommen. Auch die Fotos von unten offenbaren einen ungeschweißten Originalzustand ohne jegliche Durchrostungen, wie er beim Camaro der 2. Generation nur noch selten anzutreffen ist, selbst wenn der die ersten Jahrzehnte im „Sunshine State California“ verbracht haben sollte. Es gibt eine ganze Reihe typischer Stellen am Unterboden, wo der Camaro (wie auch andere Zeitgenossen der Ära) sehr korrosionsanfällig ist. Auf diese Stellen gehen wir in der Detailbetrachtung noch näher ein.

Der Chevrolet Camaro (2. Generation von 1970-81) im Detail:

Karosserie, Unterboden

Die Ecken und Winkel der Frontmaske lassen Rost lange im Verborgenen blühen. Immerhin sind sie verschraubt

Die doppellagigen Falzkanten der Motorhaube sind genau auf Rostansätze zu inspizieren

Front, Motorraum, Vorderkotflügel:

Auch wenn wir eines der Hauptprobleme des Camaro – Rost – an unserem Fotomodell nicht wirklich zeigen können, sollte das Augenmerk des Besitzers in erster Linie darauf gerichtet sein. Schon ganz vorne geht es los. Kritische Bereiche finden sich rings um die Scheinwerfertöpfe im Kotflügel, und die Frontmaske ist von Steinschlagbeschuss bedroht.

Wer die Länge der spitzen Nase beim Einparken unterschätzt, läuft Gefahr, sich den Kühlergrill-Rahmen zu beschädigen. Die Bugschürze ist ebenfalls häufiger durch ungewollten Kontakt mit Pollern oder hohen Kantsteinen ramponiert.

Die Kotflügel gammeln häufig im Bereich der Sicke in Verlängerung der Stoßstange, aber auch an der Kotflügel-Unterkante zur A-Säule hin

Empfindlich gegen Rempler: die lange Nase

Frontmaske, Kotflügel:

Die zerklüftete Frontmaske ist rostgefährdet, vor allem im Bereich um die Scheinwerfer herum. Hier können auch die seitlichen Stehwände „durch“ sein. Dankbarerweise sind die Kotflügel verschraubt, was Blechreparaturen oder den kompletten Austausch wesentlich erleichtert.